Das deutsche Erbrecht knüpft eng an die Verwandtschaftsverhältnisse an. Besonders, um die gesetzlichen Erben zu ermitteln, sind Kenntnisse im Verwandtschaft notwendig. Doch wer gilt eigentlich als verwandt, und wie wirkt sich das auf die gesetzliche Erbfolge aus? Dieser Beitrag bringt Licht ins Dunkel und zeigt, warum die Verwandtschaft im Erbrecht eine zentrale Rolle spielt.
Was bedeutet Verwandtschaft?
Gemäß § 1589 BGB besteht eine Verwandtschaft zwischen Personen, die entweder direkt voneinander abstammen (gerade Linie) oder von einer gemeinsamen dritten Person abstammen (Seitenlinie).
Beispiele:
- Gerade Linie: Großeltern – Eltern – Kinder.
- Seitenlinie: Geschwister, Onkel, Tanten, Cousins.
Der Grad der Verwandtschaft ergibt sich aus der Anzahl der Geburten, die zwei Personen voneinander trennen.
Was und wieviel erben Verwandte?
Die gesetzliche Erbfolge orientiert sich an der Verwandtschaft. Dabei gilt das sogenannte Ordnungssystem (§§ 1924–1929 BGB):
- Ordnung: Abkömmlinge (Kinder, Enkel, Urenkel).
- Ordnung: Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Geschwister, Nichten, Neffen).
- Ordnung: Großeltern und deren Abkömmlinge (Onkel, Tanten, Cousins).
Je näher der Verwandtschaftsgrad, desto wahrscheinlicher ist ein Erbanspruch. Ein Beispiel: Sind Kinder des Erblassers vorhanden, erben diese allein. Sind keine Kinder da, treten die Eltern oder deren Abkömmlinge in der Erbfolge ein.
Verwandtschaft | Grad | Linie | Beispiel |
Eltern und Kinder | 1. Grad | Gerade Linie | Vater – Sohn |
Großeltern und Enkel | 2. Grad | Gerade Linie | Großmutter – Enkelin |
Geschwister | 2. Grad | Seitenlinie | Bruder – Schwester |
Onkel/Tante und Neffe/Nichte | 3. Grad | Seitenlinie | Tante – Neffe |
Cousins | 4. Grad | Seitenlinie | Kinder zweier Geschwister |
Beispiele aus der Praxis
1. Erbfolge bei Kindern
Herr Müller hinterlässt keine Ehefrau, aber zwei Kinder. Beide Kinder erben zu gleichen Teilen, also je 50 %. Hat Herr Müller seine Kinder durch Testament enterbt, steht jedem Kind ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 25% des Nachlasswerts zu.
2. Erbfolge bei Geschwistern
Frau Schulze verstirbt ohne Kinder und Eltern. Ihre beiden Geschwister treten in die gesetzliche Erbfolge ein und erben jeweils die Hälfte. Hat Frau Schulze eines Ihrer Geschwister enterbt, erbt das andere Geschwisterteil allein. Ein Pflichtteilsanspruch steht dem Enterbten Geschwisterteil nicht zu.
3. Onkel und Cousins als Erben
Herr Becker stirbt ohne direkte Nachkommen, seine Eltern und Geschwister sind ebenfalls bereits verstorben. Hier treten die Kinder seiner Geschwister (Nichten und Neffen) in die Erbfolge ein.
Fazit zur Relevanz der Verwandtschaft im Erbrecht
Rechtsanwalt István Cocron erklärt:
„Die gesetzliche Erbfolge stellt sicher, dass der Nachlass an die Menschen geht, die dem Verstorbenen am nächsten standen. Gerade in Familien mit komplexen Strukturen kann dies aber zu Konflikten führen.“
Rechtsanwalt Friedrich Albrecht Lösener ergänzt:
„Wer sicherstellen möchte, dass sein Nachlass im Sinne seiner persönlichen Wünsche verteilt wird, sollte frühzeitig ein Testament errichten. Das vermeidet Streitigkeiten und sorgt für Klarheit.“
Die Verwandtschaftsverhältnisse sind ein Schlüsselbegriff im Erbrecht. Sie entscheiden über die gesetzliche Erbfolge und damit über die Verteilung des Nachlasses. Wenn Sie Fragen zu Ihrem Erbanspruch oder zur Gestaltung eines Testaments haben, stehen wir Ihnen mit unserer Expertise zur Seite.
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