Geschichtliche Entwicklung des Erbrechts

Das deutsche Erbrecht, wie wir es heute kennen, beruht auf jahrtausendealten Traditionen und Rechtsvorstellungen, die bis in die Antike zurückreichen. Seine Wurzeln liegen sowohl im germanischen als auch im römischen Recht. 1. Ursprünge im römischen und germanischen Recht Bereits um 450 v. Chr. wurden erbrechtliche Normen in den römischen Zwölftafelgesetzen kodifiziert, wobei die testamentarische Regelung der Erbfolge als vorrangig galt. Nur wenn kein gültiges Testament vorlag, trat die gesetzliche Erbfolge ein. Gleichzeitig genossen römische Soldaten besondere Erleichterungen bei der Testamentserrichtung, um ihren letzten Willen auch unter schwierigen Bedingungen rechtswirksam zu machen. Bei den germanischen Stämmen hingegen, so beschreibt es Tacitus um 120 n. Chr., war die Erbfolge streng gesetzlich geregelt. Testamente waren unbekannt und die Erbfolge konzentrierte sich auf die männlichen Nachkommen. Waren diese nicht vorhanden, gingen die Erbansprüche auf die Brüder oder Onkel des Verstorbenen über. Regionale Unterschiede, etwa bei den Sachsen, führten jedoch zu abweichenden Regelungen, wie die „Lex Saxonum“ aus dem 9. Frauen waren im germanischen Erbrecht vielfach von der Erbfolge ausgeschlossen, was sich erst im Laufe der Geschichte änderte. 2. mittelalterliche Entwicklungen: Sachsenspiegel und Schwabenspiegel Im Mittelalter wurden die alten Überlieferungen systematisiert und in bedeutenden Rechtsbüchern wie dem Sachsenspiegel (ca. 1220/30) zusammengefasst. Dieses Werk des Rechtsgelehrten Eike von Repgow war eine umfassende Sammlung des sächsischen Rechts, das auf germanischen und römischen Traditionen beruhte. Der Sachsenspiegel beeinflusste nicht nur das Recht in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Teilen Europas. 3. Grundsätze, die bis heute Bestand haben Ein zentraler Grundsatz des deutschen Erbrechts ist die in § 1922 BGB verankerte Gesamtrechtsnachfolge(Universalsukzession). Danach geht das Vermögen des Erblassers als Ganzes auf die Erben über. Diese Regelung ist nicht neu, sondern findet sich bereits in den römischen Zwölftafelgesetzen und später im Sachsenspiegel. Ebenso hat das heutige Recht in § 1923 BGB den Begriff des Erbrechts des ungeborenen Kindes („nasciturus“) übernommen. Bereits im römischen Recht waren ungeborene Kinder erbberechtigt, sofern sie lebend geboren wurden. „Im Sachsenspiegel wurde dieser Grundsatz dahingehend konkretisiert, dass schwangere Witwen innerhalb von 30 Tagen nach dem Tod ihres Mannes die Erbansprüche ihres ungeborenen Kindes geltend machen mussten“ erläutert Rechtsanwalt István Cocron. 4. Wandel im testamentsrecht Im Gegensatz zu den frühen germanischen Traditionen, in denen Testamente kaum bekannt waren, setzte sich das römische Erbrecht durch, in dem das Testament als bevorzugte Form der Erbfolgeregelung galt. Das Bürgerliche Gesetzbuch orientierte sich stark am römischen Vorbild und schuf klare Regeln für die Form und Gültigkeit von Testamenten. Daneben entwickelten sich im Mittelalter Erbverträge, um Konflikte zwischen gesetzlichen und testamentarischen Erben zu lösen. 5. gesellschaftlicher und rechtlicher Wandel Mit dem Inkrafttreten des BGB am 1. Januar 1900 wurde das Erbrecht modernisiert und vereinheitlicht. Seither hat sich an den Grundprinzipien wenig geändert. Wichtige Neuerungen, wie die erbrechtliche Gleichstellung nichtehelicher Kinder, erfolgten erst im Laufe des 20. Dies zeigt, wie stark das deutsche Erbrecht von historischen Entwicklungen geprägt ist, aber auch auf gesellschaftliche Veränderungen reagiert. Fazit Das deutsche Erbrecht ist nicht nur 125 Jahre alt wie das Bürgerliche Gesetzbuch, sondern seine Wurzeln reichen weit in die Vergangenheit zurück. Viele der heute geltenden Grundsätze wurden bereits in der Antike oder im Mittelalter entwickelt. „Die engen historischen Verflechtungen zeigen, dass das heutige Erbrecht auf einer langen und reichen Tradition beruht, die über Jahrhunderte Bestand hatte und immer wieder an neue gesellschaftliche Herausforderungen angepasst wurde“ so Rechtsanwalt Cocron.

Haftung der Erben und der Erbengemeinschaft sowie Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung

Mit dem Erbfall geht das gesamte Vermögen des Erblassers, also sowohl die Aktiva als auch die Passiva, auf die Erben über. Dieser Vorgang wird juristisch als Universalsukzession bezeichnet. Die Erben treten damit in die Rechtsstellung des Erblassers ein und haften auch für dessen Verbindlichkeiten. Dabei haften sie als Gesamtschuldner, d.h. ein Gläubiger kann von einem einzelnen Miterben die Begleichung der gesamten Schuld verlangen. “Der betreffende Miterbe hat dann innerhalb der Erbengemeinschaft einen Ausgleichsanspruch gegen die übrigen Miterben” erläutert Rechtsanwalt István Cocron. Obwohl die Erben die Schulden des Erblassers übernehmen, sieht das Erbrecht verschiedene Möglichkeiten vor, diese Haftung sowohl unmittelbar nach dem Erbfall als auch langfristig zu begrenzen. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn der Nachlass stark belastet oder gar überschuldet ist, da eine unbeschränkte Haftung der Erben in diesen Fällen zu unbilligen Ergebnissen führen kann. Nach dem Erbfall entstehen zunächst zwei getrennte Vermögensmassen: das Privatvermögen des Erben und der Nachlass, der als Sondervermögen behandelt wird. Der Grundsatz der beschränkten Nachlasshaftung ermöglicht es dem Erben, seine Haftung auf das Nachlassvermögen zu beschränken. Dies gibt dem Erben ausreichend Zeit, den Nachlass zu prüfen und insbesondere festzustellen, ob der Nachlass überschuldet ist. Für eine Übergangszeit wird der Erbe durch bestimmte Einreden geschützt, die ihm ein vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht einräumen. In einem weiteren Schritt kann er eine dauerhafte Trennung von Eigen- und Nachlassvermögen herbeiführen, etwa durch die Anordnung einer Nachlassverwaltung oder die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens. Darüber hinaus können die Erben ein Aufgebotsverfahren einleiten, in dem die Gläubiger aufgefordert werden, ihre Ansprüche innerhalb einer bestimmten Frist anzumelden. Versäumen die Gläubiger diese Frist, ist die Haftung der Erben ebenfalls auf das Nachlassvermögen beschränkt. Gleichzeitig haben die Gläubiger die Möglichkeit, sich über den Umfang des Nachlasses zu informieren. Dies geschieht durch die Erstellung eines Inventars, zu dem das Nachlassgericht den Erben auffordern kann. “Kommt der Erbe dieser Aufforderung nicht nach oder macht er unvollständige oder falsche Angaben, verliert er das Recht, seine Haftung auf den Nachlass zu beschränken” so Rechtsanwalt Cocron.

Herausforderungen und Besonderheiten beim Erben: Ein Leitfaden für Spezialfälle

Spezialfälle beim Erbe Bestimmte Erbfälle sind so speziell, dass sie oft nicht in Standardwerken behandelt werden. Dazu gehört zum Beispiel, wenn jemand im Ausland verstirbt oder dort Vermögen hinterlässt. Auch kann ein Erbe Teil einer Erbengemeinschaft sein, aber nicht auffindbar oder geschäftsunfähig. In diesen Fällen ist es üblich, eine Testamentsvollstreckung einzusetzen, um eine ordnungsgemäße Verwaltung und Verteilung des Nachlasses zu gewährleisten. Erben, die nicht selbst handeln können Es wird erläutert, was passiert, wenn minderjährige oder ungeborene Kinder erben, der Erbe geschäftsunfähig ist oder eine Betreuung eingerichtet wurde. Ungeborene Kinder gelten als erbberechtigt, sobald sie lebend zur Welt kommen. Für minderjährige Erben übernehmen die Eltern oder vom Gericht bestellte Betreuer die Verwaltung des Erbes, bis das Kind volljährig ist. Minderjährige sind nicht voll geschäftsfähig und können daher keine bindenden Verträge abschließen. Minderjährige Erben Minderjährige Erben haben ab Geburt alle Erbrechte, sind jedoch bis zum 18. Lebensjahr beschränkt geschäftsfähig. In diesem Zeitraum können Eltern oder Erziehungsberechtigte das Vermögen des Kindes verwalten. Sollte ein Elternteil versterben, übernimmt der andere Elternteil die Verwaltung, es sei denn, dies wird durch eine Verfügung anders geregelt. Eine gerichtlich bestellte Zuwendungspflege kann ebenfalls eingesetzt werden, wenn die Eltern nicht mehr in der Lage sind, die Verwaltung des Vermögens durchzuführen. Volljährige Erben Es gibt Fälle, in denen volljährige Erben aufgrund einer dauerhaften geistigen oder körperlichen Einschränkung geschäftsunfähig sind. In solchen Fällen wird eine Betreuung eingerichtet, die den Erben in der Verwaltung des Erbes unterstützt. Die Betreuungsperson kann durch das Gericht festgelegt werden, wenn der Erbe nicht in der Lage ist, sich selbst um seine finanziellen Angelegenheiten zu kümmern. Dieser Überblick gibt einen Einblick in die rechtlichen und praktischen Herausforderungen bei der Verwaltung von Erbschaften, wenn Erben minderjährig, geschäftsunfähig oder abwesend sind. “Solche Regelungen sind notwendig, um sicherzustellen, dass das Erbe im Sinne des Verstorbenen verwaltet wird und keine rechtlichen Konflikte” erläutert Rechtsanwalt István Cocron, von der Kanzlei Cocron. Betreuung und Geschäftsfähigkeit Nicht alle Personen, die unter Betreuung stehen, sind automatisch geschäftsunfähig. Geschäftsfähige Betreute können durchaus selbst Rechtsgeschäfte abschließen, benötigen jedoch die Zustimmung des Betreuers oder des Betreuungsgerichts für bestimmte Handlungen. In Fällen, in denen Betreuer von einem Betreuungsgericht bestimmte Aufgaben wie die Vermögensverwaltung erhalten, können sie beispielsweise bei der Verwaltung von Immobilien im Nachlass oder der Ausschlagung einer Erbschaft agieren. Allerdings ist dafür stets die Zustimmung des Gerichts erforderlich. Während Eltern als Sorgeberechtigte nicht durch letztwillige Verfügungen ihrer Rechte enthoben werden können, verhält es sich bei Betreuern anders – sie brauchen die Genehmigung des Gerichts, um Erbschaftsangelegenheiten zu regeln. Beschenkung von Pflegekräften Oft entstehen zwischen Pflegebedürftigen und ihrem Pflegepersonal enge Beziehungen, besonders wenn die Pflege zu Hause erfolgt. Wird eine Pflegekraft im Testament bedacht oder erhält sie großzügige Schenkungen, kann dies rechtlich problematisch sein. Die Annahme von Geschenken sollte daher sorgfältig geprüft werden, besonders wenn erhebliche Vermögenswerte betroffen sind. Hier sind Summen zwischen 50 und 100 Euro zu besonderen Anlässen üblich und akzeptabel. Unbekannte Erben Es kommt vor, dass Erben unbekannt sind oder sich nicht erreichen lassen, obwohl sie im Testament genannt sind. In Erbfällen mit Auslandsbezug kann es schwierig werden, weil nicht alle Länder Wohnsitznachweise führen oder die Suche teuer und langwierig ist. Zieht jemand ins Ausland oder bricht den Kontakt ab, kann das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger bestellen, um den Nachlass zu sichern. Erbprobleme im Ausland Eine Immobilie oder ein Bankkonto im Ausland zu erben, bringt zusätzliche Herausforderungen mit sich, vor allem bei steuerlichen und rechtlichen Aspekten. Innerhalb der EU regelt die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO) solche Fälle, doch außerhalb Europas, wie in der Schweiz oder Singapur, können eigene Regeln greifen. “Im Einzugsgebiet der EuErbVO muss ein Erbe oder Testamentsvollstrecker oft durch das europäische Nachlasszeugnis (ENZ) legitimiert werden, während außerhalb der EU länderspezifische Bestimmungen gelten” erklärt Rechtsanwalt István Cocron. Beispiel: Internationale Erbrechtswahl Ein in Deutschland lebender Franzose entscheidet sich, für seinen Erbfall das französische Erbrecht zu wählen und verstirbt später in Deutschland. Das deutsche Nachlassgericht stellt daraufhin ein Europäisches Nachlasszeugnis (ENZ) aus, das sich nach französischem Recht richtet. Außerhalb der EU-Erbrechtsverordnung (EuErbVO) gelten in angloamerikanischen Ländern oft nationale Regeln, bei denen das Erbrecht des Landes, in dem sich die Immobilie befindet, entscheidend ist. Die Gerichte dort wenden ihr eigenes Recht an, was zu einer sogenannten Nachlassspaltung führen kann. Dabei wird der Erbfall nach dem Aufenthaltsland des Verstorbenen behandelt, während Immobilien nach den örtlichen Vorschriften geregelt werden. Internationale Vereinbarungen Für Deutschland relevant ist beispielsweise ein altes Abkommen mit der Türkei aus dem Jahr 1929, das festlegt, wie bewegliches Vermögen zu handhaben ist. Dieses Abkommen regelt auch, dass steuerliche Verpflichtungen für Erbschaften in beiden Ländern anfallen können. Güterrecht im Ausland Eine weitere wichtige Regelung betrifft das Güterrecht in multinationalen Ehen. Seit 2019 regelt die Europäische Güterrechtsverordnung (EuGüVO) in 18 EU-Ländern, welches Vermögen zu den gemeinsamen Gütern der Ehepartner zählt. Diese Verordnung wirkt sich auf die Verteilung des Vermögens bei einem Erbfall aus, insbesondere bei Paaren, die in verschiedenen Ländern gelebt haben. “Entscheidend ist oft das Recht des Landes, in dem die Partnerschaft bestand, oder der Staat, mit dem die verstorbene Person eine enge Verbindung hatte” so Rechtsanwalt Cocron. Verstorbene im Ausland Ein Todesfall im Ausland bringt besondere Herausforderungen mit sich, etwa bei der Ausstellung von Sterbeurkunden und der Übertragung des Nachlasses. Für die Erben ist es wichtig zu wissen, dass das Nachlassgericht am Wohnsitz des Verstorbenen zuständig ist und in solchen Fällen das lokale Erbrecht anwendet, sofern keine andere Vereinbarung vorliegt. Doppelte Besteuerung vermeiden Wenn ein Erbe im Ausland lebt und der Erblasser aus einem anderen Land stammt, kann es zu doppelter Erbschaftssteuer kommen. Diese Doppelbesteuerung tritt auf, wenn sowohl das Land des Verstorbenen als auch das Land des Erben Steuern erheben und kein Abkommen zur Vermeidung dieser Doppelbesteuerung existiert.

Nachlass regeln: Testament oder Erbvertrag – was passt besser?

Wer sicherstellen möchte, wie sein Vermögen nach dem Tod verteilt wird, sollte seine Erbangelegenheiten frühzeitig klären. Dabei stellt sich die Frage: Ist ein Testament oder ein Erbvertrag die bessere Wahl? Das Leben ist unvorhersehbar – ein Unfall, eine Krankheit oder das Alter können dazu führen, dass man plötzlich nicht mehr in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu regeln. Daher lohnt es sich für jeden, rechtzeitig vorzusorgen. Instrumente wie eine Vorsorgevollmacht, eine Patientenverfügung oder eine Bankvollmacht können hierbei helfen. Ebenso wichtig ist es, möglichen Erbstreitigkeiten vorzubeugen, indem Vermögen und Nachlassgegenstände klar aufgeteilt werden. Doch was eignet sich besser: ein Testament oder ein Erbvertrag?  Testament oder Erbvertrag: Das sollten Sie wissen Viele Menschen denken zunächst an ein Testament, wenn es darum geht, ihren Nachlass zu regeln. Ein Testament kann unkompliziert und ohne Notar handschriftlich verfasst werden. In komplexeren Situationen – etwa bei Patchwork-Familien – kann jedoch die Hinzuziehung eines Notars sinnvoll sein. Das deutsche Erbrecht bietet zudem eine alternative Möglichkeit: den Erbvertrag. Beide Varianten haben Gemeinsamkeiten, unterscheiden sich jedoch in wesentlichen Punkten. Testament und Erbvertrag: Unterschiede und Gemeinsamkeiten Ein Testament überzeugt durch seine Einfachheit. Der Erblasser benötigt lediglich Papier und Stift, um seinen letzten Willen festzuhalten. Es erlaubt eine hohe Flexibilität, da Änderungen jederzeit durch ein neues Testament vorgenommen werden können – ohne Einbeziehung anderer Personen oder eines Notars. Ein Erbvertrag hingegen erfordert zwingend die Mitwirkung eines Notars. Bei der Beurkundung müssen sowohl der Erblasser als auch die künftigen Erben anwesend sein, die Vertragsbedingungen akzeptieren und unterzeichnen. Die entstehenden Notarkosten richten sich nach dem Wert des Nachlasses und der Gebührenordnung für Notare. Im Gegensatz zum Testament ist der Erbvertrag bindend und nur schwer abzuändern. Änderungen erfordern die Zustimmung aller Beteiligten sowie eine erneute notarielle Beurkundung. „Daher ist es sinnvoll, sich vor Abschluss eines Erbvertrages über wichtige Aspekte wie Rücktrittsvorbehalte oder Aufhebungsmöglichkeiten umfassend zu informieren“ rät Rechtsanwalt István Cocron. Für wen eignet sich ein Erbvertrag? Ein Erbvertrag bietet im Vergleich zum Testament eine stärkere Bindungswirkung. Das kann von Vorteil sein, wenn bereits zu Lebzeiten des Erblassers Gegenleistungen der Erben vereinbart werden sollen. Solche Regelungen können in einem Testament nicht rechtsverbindlich festgehalten werden. Besonders interessant ist der Erbvertrag für unverheiratete Paare, die sich gegenseitig absichern möchten, oder für die Regelung einer Unternehmensnachfolge. Hier lassen sich klare Vereinbarungen treffen, die rechtlich bindend sind und Planungssicherheit schaffen. Individuelle Bedürfnisse entscheiden Ob Testament oder Erbvertrag die bessere Wahl ist, hängt von der persönlichen Lebenssituation und den individuellen Bedürfnissen ab. Während ein Testament durch Flexibilität und einfache Handhabung punktet, bietet der Erbvertrag Sicherheit und Verbindlichkeit – vor allem in komplexeren Fällen. „Ein fachkundiger Rat, etwa durch einen Notar oder Rechtsanwalt, kann helfen, die richtige Entscheidung zu treffen“ so Rechtsanwalt Cocron.

Nachlassregelungs­kosten

Welche Kosten können bei der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden? Laut Bundesfinanzhof (BFH) ist der Begriff der Nachlass­regelungskosten weit auszulegen. Dazu zählen auch Aufwendungen, die im Rahmen einer Versteigerung entstehen – wie etwa Beratungs- und Lagerkosten –, sofern sie dazu dienen, testamentarisch vorgesehene Geldbeträge für die Miterben zu generieren. In einem Urteil vom 21.08.2024 entschied der BFH, dass auch Kosten für die Versteigerung von beweglichen Nachlassgegenständen abzugsfähig sind, wenn sie zur Finanzierung testamentarischer Geldzuwendungen an die Begünstigten beitragen. Sachverhalt Die Klägerin, eine testamentarisch eingesetzte Miterbin, erbte nach dem Tod ihrer im Jahr 2017 verstorbenen Mutter, die wiederum Alleinerbin ihres bereits zuvor verstorbenen Ehemanns war. Nach dem Tod des Ehepaars wurden deren Nachlassgegenstände eingelagert, da in der Seniorenresidenz der Erblasserin kein Platz dafür war. Laut einem gemeinschaftlichen Erbschein stand der Klägerin eine Erbquote von 10,103 % zu. Der Testamentsvollstrecker machte in der Erbschaftsteuererklärung diverse Kosten geltend, darunter Räumungskosten für die Wohnung und das Büro der Erblasserin, Lagerkosten für die eingelagerten Nachlassgegenstände sowie Honorarkosten einer Kunstexpertin, die bei der Veräußerung der Nachlassgegenstände beriet. Während das Finanzamt (FA) nur die Räumungskosten als abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten anerkannte, lehnte es Lager- und Honorarkosten mit der Begründung ab, diese stünden im Zusammenhang mit der Verwaltung oder Verwertung des Nachlasses. Auch das Finanzgericht (FG) bestätigte diese Auffassung. Der BFH hingegen gab der Klägerin Recht und hob die Entscheidung des FG auf. Abgrenzung der Nachlassregelungskosten Kosten sind als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig, wenn sie unmittelbar mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder der Erlangung des Erwerbs zusammenhängen. „Der Begriff der Nachlassregelungskosten umfasst sowohl tatsächliche als auch rechtliche Maßnahmen zur Feststellung und Bewertung des Nachlasses sowie zur Sicherstellung der Erbschaft für die Erben“ erläutert Rechtsanwalt István Cocron. Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit ist ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen. Fehlt dieser Zusammenhang – etwa wenn die Kosten erst bei der späteren Verwaltung oder Verwertung des Nachlasses entstehen –, handelt es sich um nicht abzugsfähige Verwaltungskosten. Verwaltungskosten können auch bei der Betreuung gewöhnlicher Vermögenswerte außerhalb eines Nachlasses anfallen, was sie klar von den Nachlassregelungskosten abgrenzt. Die genaue Abgrenzung zwischen abziehbaren Nachlassregelungskosten und nicht abzugsfähigen Verwaltungskosten hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab. Entscheidend ist die Veranlassung der Kosten, nicht ein fester zeitlicher Rahmen. Entscheidung des BFH im Streitfall Der BFH entschied, dass auch Kosten, die im Rahmen der Teilung des Nachlasses für die Versteigerung beweglicher Nachlassgegenstände anfallen, als Nachlassregelungskosten abzugsfähig sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese Kosten notwendig sind, um Geldbeträge zu beschaffen, die der Erblasser testamentarisch für die Begünstigten vorgesehen hat. „Im vorliegenden Fall dienten die Kosten für die Versteigerung der Nachlassgegenstände unmittelbar der Beschaffung der für die testamentarischen Zuwendungen erforderlichen Geldbeträge. Der BFH stellte fest, dass solche Kosten der Erhaltung, Mehrung und Nutzung des Nachlasses dienen und daher abzugsfähig sind“ erklärt Rechtsanwalt Cocron.

OLG Hamm: Testamentserrichtung auf mehreren losen Blättern

Amtliche Leitsätze: ​1. Ein privatschriftliches Testament kann wirksam auf mehreren losen Blättern errichtet werden, wenn sich die Einheitlichkeit der Willenserklärung aus der Gesamturkunde ergibt. ​2. Der erforderliche innere Zusammenhang kann jedoch nicht allein durch die gemeinsame Aufbewahrung mit anderen Urkunden (z.B. einer Abschrift eines notariellen Testaments) hergestellt werden. OLG Hamm, Beschluss vom 19.09.2012 – I-15 W 420/11 Zum Hintergrund: Gemäß §§ 2247 Abs. 1, 3 BGB ist für die Wirksamkeit eines eigenhändigen Testaments die Unterschrift des Erblassers erforderlich. Wesentlich für die Unterschrift ist, dass sie den Text abschließt, auf den sie sich bezieht. Eine „Oberschrift“ genügt also nicht. Bei einem mehrseitigen Schriftstück genügt die Unterschrift auf dem letzten Blatt, sofern die Zusammengehörigkeit der einzelnen Blätter erkennbar ist. Die Zusammengehörigkeit kann sich z. B. aus einem fortlaufenden Text oder einer Seitenangabe ergeben. Die bloße Verbindung von Einlageblättern in einem Ringbuch mit einem Öffnungsmechanismus reicht dagegen nicht aus. “Fehlt der innere Zusammenhang zwischen den einzelnen losen Blättern und ist nur eines von ihnen unterschrieben, so gilt nur dieses Blatt als gültiges Testament. Die übrigen nicht unterschriebenen Blätter stellen kein gültiges Testament dar” erläutert Rechtsanwalt István Cocron. Anmerkungen ​1. Wenn jedes Blatt des Testaments unterschrieben ist, kann jedes Blatt als eigenständiges Testament angesehen werden. Dies könnte die Frage aufwerfen, ob ein späteres Testament ein früheres widerruft. ​2. An den „inneren Zusammenhang“ sind aus Gründen der Fälschungssicherheit hohe Anforderungen zu stellen. ​3. Ergänzt der Erblasser das Testament auf demselben Blatt, so muss auch diese Ergänzung durch Unterschrift abgeschlossen werden.

Pflichten der Erben für Ausgleich von Zuwendungen und erbrachten Leistungen 

Der Ausgleich von Zuwendungen und besonderen Leistungen unter Erben  Wenn der Nachlass zwischen Kindern und anderen gesetzlichen Abkömmlingen verteilt wird, müssen oft Zuwendungen oder Unterstützungsleistungen, die ein Erblasser zu Lebzeiten einzelnen Kindern oder Enkeln gewährt hat, berücksichtigt werden. Auch können Ausgleichspflichten entstehen, wenn ein Abkömmling durch persönliche Leistungen, Pflege oder Mitarbeit in besonderem Maße beigetragen hat. Diese Ausgleichsverpflichtungen klären die gesetzlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs und sorgen für eine faire Verteilung unter den Erben einer Gemeinschaft.  1. Wann muss ein Ausgleich erfolgen?  Nach deutschem Erbrecht wird im Regelfall unter den gesetzlichen Erben, meist den Kindern, der Nachlass zu gleichen Teilen aufgeteilt. Auch wenn die Erbfolge per Testament festgelegt wurde, kommt es oft zu einer gleichwertigen Berücksichtigung der Abkömmlinge, sodass die Geschwister eine Erbengemeinschaft bilden. In diesem Zusammenhang muss die Frage geklärt werden, ob Zuwendungen, sogenannte “Vorempfänge”, oder erbrachte Leistungen untereinander ausgeglichen werden.  Ein solcher Anspruch kann jedoch erst mit Eintritt des Erbfalls geltend gemacht werden. Zwei Fälle erfordern einen solchen Ausgleich:  1. Wenn Kinder oder Enkel als gesetzliche Erben berücksichtigt werden   2. Wenn Abkömmlinge aufgrund eines Testaments oder Erbvertrags wie gesetzliche Erben oder im gleichen Verhältnis bedacht werden.  Die Annahme des Gesetzgebers ist, dass bei gleicher Berücksichtigung der Kinder im Testament der Erblasser eine faire Aufteilung wünschte, was auch den Ausgleich bestimmter Vorleistungen oder Zuwendungen bedeutet. In Erbengemeinschaften, bei denen Geschwister in gleichen Teilen erben, wird daher geprüft, wie Vorempfänge oder Leistungen in die Verteilung einfließen sollen. „Beim sogenannten Berliner Testament von Ehegatten wird allerdings auch der vorverstorbene Ehepartner als Erblasser betrachtet, sodass dessen Zuwendungen ebenfalls beim zweiten Erbfall auszugleichen sind“ erklärt Rechtsanwalt István Cocron, von der Kanzlei Cocron.  2. Welche Zuwendungen und Leistungen sind auszugleichen?  Das Gesetz sieht vor, dass im Erbfall bestimmte Lebenssachverhalte ausgeglichen werden müssen, die in zwei Kategorien fallen. Zum einen umfasst es Zuwendungen, die der Erblasser seinen Kindern zu Lebzeiten gemacht hat, und zum anderen nicht vergütete Leistungen der Kinder zugunsten des Erblassers.  a. Zuwendungen des Erblassers zu Lebzeiten  Ausgleichsansprüche können entstehen, wenn ein Kind zu Lebzeiten des Erblassers bestimmte Vorteile erhalten hat, wie etwa:  – Eine Ausstattung gemäß § 1624 BGB. Darunter fallen Vermögenszuwendungen, die Eltern Kindern beispielsweise zur Eheschließung oder Gründung eines eigenen Haushalts zukommen lassen. Dies könnte finanzielle Unterstützung, die Schenkung eines Hauses oder Beteiligung am Familienunternehmen umfassen.  – Zuschüsse oder Ausgaben für Ausbildung oder Beruf, sofern sie den finanziellen Rahmen des Erblassers überstiegen.  – Eine besondere Zuwendung, bei der der Erblasser festgelegt hat, dass andere Kinder im Erbfall einen entsprechenden Ausgleich verlangen dürfen.  b. Besondere Leistungen eines Abkömmlings  Kinder können außerdem einen Ausgleich erhalten, wenn sie durch unentgeltliche Leistungen dem Erblasser langfristig zur Seite standen und so zu dessen Vermögenserhalt oder -vermehrung beitrugen. Solche Leistungen können umfassen:  – Langjährige Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erblassers ohne Entgelt.  – Pflegetätigkeiten über einen längeren Zeitraum hinweg, ohne dass ein angemessenes Honorar vereinbart war.   3. Wie kann der Erblasser eine Ausgleichspflicht vermeiden?  Der Erblasser hat die Möglichkeit, den Ausgleich für lebzeitige Zuwendungen nach seinem Ableben auszuschließen. Dies kann er tun, indem er bei der Zuwendung ausdrücklich darauf hinweist. Eine solche Anweisung hat Vorrang, da die Ausgleichspflicht ohnehin nur aus dem vermuteten Willen des Erblassers resultiert. Der Erblasser kann den Ausgleich entweder komplett, teilweise oder unter bestimmten Bedingungen aufheben. „Zwar ist eine schriftliche Form nicht zwingend erforderlich – auch eine mündliche Anweisung wäre rechtskräftig – jedoch ist es zur Beweissicherung ratsam, die Anordnung schriftlich festzuhalten. Zudem können erbende Kinder vertraglich Änderungen, Ausschlüsse oder Bestimmungen festlegen, da Ausgleichspflichten gesetzlich nicht verpflichtend sind “ erläutert Rechtsanwalt István Cocron.  4. Wie erfolgt der Ausgleich zwischen den Erben?  Der Ausgleichsanspruch kann nicht gerichtlich eingefordert werden, sondern ist Teil der Verteilung des Erbes innerhalb der Erbengemeinschaft. Es beeinflusst die Erbaufteilung, nicht jedoch den Erbschein. Dabei wird das Kind, das eine Zuwendung erhalten hat, durch eine entsprechende Anrechnung auf seinen Erbteil bedacht, wodurch sich der Anteil der anderen Erben erhöht. Die Erbenstellung oder das Erbverhältnis selbst wird dadurch jedoch nicht verändert. Die auszugleichenden Zuwendungen sind nicht Teil des Nachlasses und müssen auch nicht zurückgegeben werden; es handelt sich lediglich um eine rechnerische Anrechnung, die auch inflationsbereinigt erfolgen kann.  5. Welche Informationspflichten bestehen?  Häufig wissen nicht alle Erben über frühere Zuwendungen an Andere Bescheid. Erben, die eine Anrechnung verlangen, müssen nachweisen, dass es sich um ausgleichspflichtige Zuwendungen handelte. Wer eine solche Zuwendung erhalten hat, muss hingegen nachweisen, dass der Erblasser eine Ausgleichung ausgeschlossen hat. Das Erbrecht sieht daher Auskunftsansprüche vor, wonach jeder Miterbe auf Anfrage der übrigen Erben Informationen über empfangene Zuwendungen geben muss, gegebenenfalls durch eidesstattliche Erklärung.  Kommt es zu Konflikten, kann ein Miterbe eine Stufenklage einreichen, die auf Auskunftserteilung und Feststellung der Ausgleichspflicht abzielt. Leistungsklagen auf Zahlung eines Ausgleichs sind hingegen ausgeschlossen.   „Falls die Ausgleichspflicht bei der Erbverteilung übersehen wurde und der Nachlass bereits verteilt ist, können unter Umständen Bereicherungsansprüche geltend gemacht werden“, so Rechtsanwalt Cocron. 

Pflichtteilsergänzungsanspruch: Schutz des Pflichtteils bei lebzeitigen Schenkungen des Erblassers 

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 BGB dient dazu, sicherzustellen, dass Pflichtteilsberechtigte durch Schenkungen des Erblassers, die den Nachlass vermindern, nicht benachteiligt werden. Damit lässt sich ein fairer Pflichtteil gewährleisten, selbst wenn der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen vorgenommen hat, die den Wert des Nachlasses mindern könnten.   Schritt 1: Ermittlung der relevanten Schenkungen  Zuerst werden alle Schenkungen des Erblassers betrachtet, die in den letzten zehn Jahren vor dessen Tod stattgefunden haben. Diese Zuwendungen werden rechnerisch zum Nachlass hinzugerechnet, wodurch ein sogenannter „fiktiver Nachlass“ entsteht. Dieser fiktive Nachlass dient als Grundlage zur Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs, als wäre der Nachlass durch die Schenkungen in dieser Höhe noch vorhanden.  Schritt 2: Anwendung der Abschmelzungsregelung   Um den Wert der Schenkungen über die Zeit angemessen zu berücksichtigen, wird der Schenkungswert jährlich reduziert, was als „Abschmelzungsregelung“ bezeichnet wird. Der Wert der Schenkung verringert sich mit jedem Jahr um 10 %, beginnend mit dem zweiten Jahr vor dem Tod des Erblassers. „Dies bedeutet, dass Schenkungen im Jahr vor dem Tod in voller Höhe berücksichtigt werden, während sie im zehnten Jahr nur noch zu 10 % zählen und ab dem elften Jahr gar nicht mehr“ erklärt Rechtsanwalt István Cocron.  Anrechnungsprozentsatz nach Jahren:  Jahr seit der Schenkung  Anrechnungsprozentsatz  Jahr  100 %   Jahr   90 %  Jahr  80 %  …  …  Jahr  10 %  Ab dem 11. Jahr  0 %  Schritt 3: Berechnung des fiktiven Nachlasswerts  Der tatsächliche Nachlass wird nun um den abgeschmolzenen Wert der Schenkungen erhöht, was den fiktiven Nachlass ergibt. Der fiktive Nachlass ist der Wert, auf dessen Basis der Pflichtteil berechnet wird.  Fiktiver Nachlass = Nachlass + abgeschmolzene Schenkungswerte  Schritt 4: Ermittlung der Pflichtteilsquote und des Pflichtteilsergänzungsanspruchs  1. Pflichtteilsquote: Zunächst wird die gesetzliche Pflichtteilsquote des Berechtigten ermittelt, zum Beispiel ein Viertel (1/4) für ein einziges Kind.  2. Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs: Die Pflichtteilsquote wird auf den fiktiven Nachlasswert angewendet und dann um den bereits bestehenden Pflichtteil aus dem tatsächlichen Nachlass vermindert. Das Ergebnis ist der Pflichtteilsergänzungsanspruch.  Pflichtteilsergänzungsanspruch = Pflichtteilsquote x Fiktiver Nachlass – Pflichtteil aus dem tatsächlichen Nachlass  „Der Pflichtteilsergänzungsanspruch sichert somit den Pflichtteilsberechtigten einen zusätzlichen Betrag, um sicherzustellen, dass sie trotz Schenkungen des Erblassers den ihnen zustehenden Pflichtteil erhalten“ so Rechtsanwalt Cocron. 

Rechte und Pflichten bei Bestattung und Grabpflege

Das Recht der Totenfürsorge Wer darf über Bestattung und Grabpflege bestimmen? Oftmals kommt es unter Hinterbliebenen zu Konflikten darüber, wie die Bestattung gestaltet oder die Grabpflege ausgeführt werden soll. Der Bundesgerichtshof musste sich dieses Jahr erneut mit der Frage befassen, wer letztlich über das Erscheinungsbild eines Grabes entscheiden darf. In einem aktuellen Fall hatte die Tochter des Verstorbenen das Totenfürsorgerecht und veranlasste eine Bestattung in einem Baumgrab, wie es dem Wunsch ihres Vaters entsprach. Laut Friedhofsordnung sind Baumgrabstätten kreisförmig um einen Baum angeordnet und nur mit einer Gedenktafel versehen. Das Ablegen von Blumen und Dekorationsgegenständen ist dort größtenteils untersagt.  Die Enkelin des Verstorbenen hatte dennoch Blumen und Dekorationsartikel am Grab abgelegt, welche die Tochter des Verstorbenen daraufhin entfernte. Das Gericht entschied, dass die Tochter berechtigt war, das Ablegen solcher Gegenstände zu verbieten und diese auch zu entfernen, da die Wahl der Baumgrabstätte den Willen des Verstorbenen widerspiegele, der Friedhofsordnung zu folgen. Was bedeutet Totenfürsorge? Totenfürsorge ist das gewohnheitsrechtliche Recht und zugleich die Pflicht, sich um den Leichnam eines Verstorbenen zu kümmern. Sie umfasst das Verfügungsrecht über den Leichnam und beinhaltet insbesondere die Pflicht zur Organisation der Bestattung. Dazu gehören Entscheidungen über die Art der Bestattung, den Ort der letzten Ruhestätte, mögliche Umbettungen oder Exhumierungen. Wer hat das Recht auf Totenfürsorge? Hat der Verstorbene keine Person ausdrücklich damit beauftragt (z. B. per Bestattungsverfügung), entscheidet nach ungeschriebenem Gewohnheitsrecht der nächste Angehörige. „In der Regel ist dies der Ehegatte, es kann jedoch auch einem langjährigen Lebensgefährten zustehen. Das Recht auf Totenfürsorge ist unabhängig vom Erbrecht“ erklärt Rechtsanwalt István Cocron. Wie sollten Entscheidungen getroffen werden? Der Wille des Verstorbenen ist entscheidend. Der Verstorbene kann nicht nur die Art und Weise seiner Bestattung und den Ort bestimmen, sondern auch, wer diese Entscheidungen ausführen soll. Die von ihm bestimmte Person darf diesen Willen auch gegen die Wünsche anderer Angehöriger durchsetzen. Wenn der Wille des Verstorbenen nicht bekannt ist, kann der Totenfürsorgeberechtigte über die Bestattungsart und den Ort der Ruhestätte entscheiden. Ein Wille kann aus den Umständen erschlossen werden, auch wenn keine schriftliche Verfügung vorliegt. Wie lassen sich Streitigkeiten vermeiden? Eine klare, schriftliche Regelung noch zu Lebzeiten (z. B. per Bestattungsverfügung) schafft Sicherheit über den Willen des Verstorbenen. 1. Notieren und unterschreiben Sie Ihre Wünsche zur Bestattung und Grabpflege in einer Bestattungsverfügung. Sie können hier Details zur Trauerfeier, Trauerredner, Blumenschmuck, Grabpflege, Traueranzeigen, Gäste etc. festhalten. 2. Benennen Sie eine Vertrauensperson als Totenfürsorgeberechtigten, damit diese Ihre Wünsche im Bedarfsfall auch gegen den Willen anderer Angehöriger durchsetzen kann. 3. Um Missverständnisse zu vermeiden, formulieren Sie die Bestattungsverfügung eindeutig. Hierbei kann der Rat eines erbrechtlichen Fachanwaltes oder Beraters hilfreich sein.

Stiftungen gründen und gestalten: Wege, Formen und steuerliche Vorteile für nachhaltiges Engagement

Stiftungen bieten heute eine zeitgemäße Möglichkeit, durch privates Vermögen gesellschaftliche Veränderungen voranzutreiben. Für die Stifterin oder den Stifter liegt der besondere Anreiz darin, eine Organisation nach ihren eigenen Vorstellungen und Werten zu gestalten, um einen ihnen wichtigen Zweck zu unterstützen. Die Beweggründe zur Gründung einer Stiftung sind vielfältig. Oft ist es der Wunsch, etwas zum Positiven zu bewegen, der Gesellschaft etwas zurückzugeben oder aufgrund persönlicher Erfahrungen mit einer Krankheit oder sozialen Herausforderung aktiv zu werden. Warum eine Stiftung ins Leben rufen? Was motiviert Menschen, eine Stiftung zu gründen? Häufig fühlen sie eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und möchten ihr etwas zurückgeben. Ebenso haben viele den Wunsch, eine Veränderung anzustoßen. Persönliche Interessen stehen dabei meist im Hintergrund. „Die Wahl der Stiftungsform fällt oft auf eine Stiftung, da so das Vermögen langfristig für gemeinnützige Zwecke erhalten bleibt. Viele möchten mit ihrer Stiftung ein bleibendes Vermächtnis schaffen, das über ihre eigene Lebenszeit hinauswirkt“ erläutert Rechtsanwalt István Cocron. In Deutschland hat sich die Anzahl der Stiftungen in den letzten Jahren stark erhöht. Welche Erfahrungen machen Menschen nach der Gründung ihrer Stiftung? Welche Form nimmt ihr Engagement heute an? Und was planen sie für die Zukunft ihrer Stiftung? Rund 700 Stifterinnen und Stifter haben in einer repräsentativen Umfrage des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen im Rahmen der Studie “Stifterinnen und Stifter in Deutschland” dazu Auskunft gegeben. Wer sind die Stifterinnen und Stifter? 90 Prozent der Stiftenden gründen ihre Stiftung noch zu Lebzeiten. Die meisten von ihnen sind über 45 Jahre alt, in der Regel gut gebildet, wohlhabend und oft männlich. Welche Arten von Stiftungen gibt es? Wenn der Entschluss gefasst ist, privates Vermögen in eine Stiftung einzubringen, eröffnet das deutsche Zivilrecht verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten. Der Begriff Stiftung umfasst unterschiedliche Rechtsformen und Modelle. Zu den häufigsten gehören die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts und die Treuhandstiftung. Weitere Formen können auch die Stiftungs-GmbH oder ein Stiftungsverein sein. Rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts Die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts wird durch die Stiftungsaufsichtsbehörde anerkannt, wozu der Stifter ein Stiftungsgeschäft und eine Stiftungssatzung aufsetzt. Im Stiftungsgeschäft erklärt der Stifter seinen Willen, ein Vermögen einzubringen, während die Satzung den Stiftungszweck und die Struktur (z.B. Anzahl der Organe) festlegt.  Mindestvermögen der Stiftung  Nach Einreichung bei der Aufsichtsbehörde wird geprüft, ob die Stiftung langfristig Bestand haben kann. Besonders wichtig ist dabei die Höhe des eingebrachten Vermögens. Obwohl es keine gesetzliche Mindesthöhe gibt, wird ein Vermögen von 100.000 Euro in der Regel als ausreichend angesehen.  Anerkennung der Gemeinnützigkeit  Nach Anerkennung durch die Aufsichtsbehörde erhält der Stifter eine Stiftungsurkunde. Für steuerliche Vorteile muss die Stiftung zudem vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt werden, was für etwa 95 % der Stiftungen in Deutschland zutrifft. Dies gilt jedoch nicht für privatnützige Stiftungen wie Familienstiftungen, die Angehörige finanziell unterstützen und daher keine Gemeinnützigkeit erhalten können.  Um die Gemeinnützigkeit zu erlangen, werden Stiftungsgeschäft, Satzung und Stiftungsurkunde dem Finanzamt zur Prüfung vorgelegt. Zur Vermeidung späterer Probleme empfiehlt es sich, die Mustersatzung der Finanzverwaltung zu nutzen und die Satzung frühzeitig abzustimmen. Zuwendungsbestätigung für Spenden Sobald das Finanzamt der Stiftung die Gemeinnützigkeit bestätigt hat, ist sie von der Körperschaftsteuer befreit und kann Zuwendungsbestätigungen für Spenden ausstellen. Erst dann sollte der Stifter das Vermögen als Stiftungskapital einzahlen, um den Betrag steuerlich absetzen zu können. Treuhandstiftung Eine Treuhandstiftung (auch unselbstständige oder fiduziarische Stiftung genannt) wird durch einen Vertrag mit einem Treuhänder oder per Testament errichtet. Der Stifter überträgt das Stiftungsvermögen an den Treuhänder, der es separat von seinem eigenen Vermögen gemäß der Stiftungsziele verwaltet. Vorteile einer Treuhandstiftung Anders als eine rechtsfähige Stiftung hat eine Treuhandstiftung keine eigene Rechtspersönlichkeit und kann schon mit weniger als 50.000 Euro gegründet werden. „Diese Form ist ideal, wenn das Stiftungsvermögen langfristig einem Zweck zugutekommen soll, ohne dass eine umfangreiche Verwaltungsstruktur nötig ist“ so Rechtsanwalt Cocron. Wer kann Treuhänder sein? Ein Treuhänder kann jede natürliche oder juristische Person sein. Die Gründung erfolgt meist durch einen Schenkungsvertrag, der dem Treuhänder die Verwaltung des übertragenen Vermögens nach den Stiftungszielen auferlegt. Normalerweise erfordert der Vertrag eine notarielle Beurkundung, jedoch wird der Vertrag auch ohne diese wirksam, sobald das Vermögen übergeben wurde. Eine Beteiligung der Stiftungsaufsicht ist nicht notwendig. Damit die Treuhandstiftung steuerlich begünstigt wird und Spendenbescheinigungen ausstellen darf, muss sie die Gemeinnützigkeit vom Finanzamt anerkennen lassen. Nach Übertragung des Vermögens und der Bestätigung durch das Finanzamt kann der Stifter seine Zuwendungen steuerlich absetzen.

Unterschied zwischen Halbbruder und Stiefbruder: Bedeutung im Erbrecht

Die Begriffe Halbbruder und Stiefbruder werden häufig verwechselt, doch sie beschreiben unterschiedliche Arten von familiären Beziehungen. Entscheidend ist hierbei die biologische Verwandtschaft, die auch Auswirkungen auf das Erbrecht hat. Der Halbbruder Ein Halbbruder ist blutsverwandt, da er mit dem Erblasser einen gemeinsamen leiblichen Elternteil teilt. Diese Verwandtschaft kann entweder über die Mutter oder den Vater bestehen. ​•​Beispiel: Hat der Vater des Erblassers mit einer anderen Frau ein Kind, so ist dieses Kind der Halbbruder des Erblassers. Erbrechtliche Bedeutung Ein Halbbruder ist laut § 1925 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gesetzlich erbberechtigt. „Seine Blutsverwandtschaft mit dem Erblasser macht ihn zu einem Angehörigen der zweiten Erbordnung“ erläutert Rechtsanwalt István Cocron. Damit hat er Anspruch auf das gesetzliche Erbe, sofern keine Erben der ersten Ordnung (Kinder oder Enkelkinder) vorhanden sind. Der Stiefbruder Ein Stiefbruder hingegen ist nicht blutsverwandt. Er ist das Kind eines Stiefelternteils, das aus einer früheren Beziehung oder Ehe stammt. Zwischen dem Erblasser und dem Stiefbruder besteht kein biologisches Verwandtschaftsverhältnis. ​•​Beispiel: Wenn die Mutter des Erblassers einen neuen Partner heiratet und dieser ein Kind aus einer früheren Beziehung mitbringt, ist dieses Kind der Stiefbruder des Erblassers. Erbrechtliche Bedeutung Ein Stiefbruder hat keine gesetzlichen Erbansprüche, da keine Blutsverwandtschaft besteht. Möchte der Erblasser seinem Stiefbruder dennoch etwas vererben, muss er dies ausdrücklich in einem Testament oder Erbvertrag festlegen. Zusammenfassung Die entscheidenden Unterschiede zwischen Halbbruder und Stiefbruder sowie ihre Auswirkungen auf das Erbrecht lassen sich wie folgt zusammenfassen: ​•​Halbbruder: ​•​Gemeinsamer Elternteil mit dem Erblasser ​•​Gesetzlich erbberechtigt ​•​Stiefbruder: ​•​Kein gemeinsamer Elternteil, keine Blutsverwandtschaft ​•​Nicht gesetzlich erbberechtigt, nur durch Testament begünstigbar Erbrechtliche Konsequenzen Die Unterscheidung zwischen Halbbruder und Stiefbruder spielt eine zentrale Rolle bei der Nachlassregelung. Während Halbbrüder ohne besondere Verfügungen des Erblassers erbberechtigt sind, müssen Stiefbrüder durch ein Testament bedacht werden, um Teil des Nachlasses zu werden. „Dies macht es umso wichtiger, familiäre Verhältnisse bei der Nachlassplanung genau zu berücksichtigen“ so Rechtsanwalt Cocron.

Verbotene Online-Glücksspiele – 888 Holdings befürchtet Strafzahlungen

München, 25.04.2024. Webseiten wie Mr Green oder 888poker sind Spielern in Deutschland bekannt. Dahinter steckt die 888 Holdings PLC mit Sitz in Gibraltar. Online-Glücksspiele sind in Deutschland nur erlaubt, wenn der Veranstalter über die erforderliche Lizenz verfügt. Auch wenn die 888 Holdings inzwischen über die notwendigen Genehmigungen verfügt, war das nicht immer der Fall. Der Gesellschaft scheint bewusst zu sein, dass sie mit dem Angebot von Online-Glücksspielen ohne Lizenz gegen das Verbot aus dem Glücksspielstaatsvertrag verstoßen hat und Spieler ihre Verluste zurückfordern können. Zumindest hat sie für mögliche Strafzahlungen in Deutschland und Österreich umgerechnet rund 135 Millionen Euro zurückgelegt. Das berichtete das Portal pokerfirma.com unter Berufung auf den Jahresbericht und Jahresabschluss 2023 der 888 Holdings. Die rechtliche Lage in Deutschland ist klar: Bis zum 1. Juli 2021 waren Online-Glücksspiele grundsätzlich verboten. Erst seitdem können Veranstalter von Glücksspielen im Internet Lizenzen für ihr Angebot Deutschland erhalten. Ohne eine solche Genehmigung sind die Online-Glücksspiele in Deutschland weiterhin illegal, so dass die Spieler ihre Verluste aus verbotenen Online-Glücksspielen von den Veranstaltern zurückfordern können. Die 888 Holdings, die in Deutschland die Teilnahme an Online-Glücksspielen über die Webseiten 888poker und Mr Green ermöglicht, verfügt zwar inzwischen über die erforderlichen Genehmigungen. Allerdings war sie auch schon vor der Erteilung der Lizenzen auf dem deutschen Markt aktiv und Spieler aus Deutschland konnten trotz des Verbots an Online-Glücksspielen teilnehmen. „Damit wurde gegen das Verbot aus dem Glücksspielstaatsvertrag verstoßen. Ohne die erforderliche Genehmigung waren und sind Online-Glücksspiele in Deutschland verboten. Spieler haben dann die Möglichkeit, ihre Verluste zurückzuholen“, sagt Rechtsanwalt István Cocron, CLLB Rechtsanwälte. Die Veranstalter der verbotenen Glücksspiele wehren sich zwar gegen die Rückzahlungsansprüche der Spieler und argumentieren, dass das deutsche Verbot gegen europäisches Recht verstoße. Allerdings haben zahlreiche Gerichte in Deutschland dieser Argumentation schon eine klare Absage erteilt und den Spielern die Rückzahlung ihrer Verluste zugesprochen. Wie pokerfirma.com weiter berichtet, sieht man bei der 888 Holdings in Österreich und Deutschland das Risiko gegen Lizenzauflagen verstoßen zu haben und daher Zahlungen an Aufsichtsbehörden oder Spieler zu leisten sind. Zwar nicht wegen Lizenzverstößen, aber wegen Verstößen gegen Regulierungsvorschriften musste die 888 Holdings 2023 in Großbritannien eine Geldstrafe in Millionenhöhe leisten. „Da die 888 Holdings nun hohe Rücklagen für mögliche Strafzahlungen gebildet hat, scheint ihr bewusst zu sein, dass sie in einem Verfahren um Rückzahlungsansprüche schlechte Karten besitzt. Das ist wiederum ein gutes Zeichen für die Spieler, dass ihre Klagen gute Erfolgsaussichten haben“, so Rechtsanwalt Cocron.