Die Kunst der Testamentsauslegung: Herausforderungen und Lösungsansätze für die Praxis

Ja Die Auslegung von Testamenten gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben des Erbrechts. Der Richter steht vor der Herausforderung, den tatsächlichen Willen des Erblassers zu ermitteln, der in der letztwilligen Verfügung oft nur undeutlich oder indirekt zum Ausdruck kommt. Gleichzeitig gilt es, diesen Willen mit den strengen gesetzlichen Vorgaben und Formvorschriften des Erbrechts in Einklang zu bringen. Besonders problematisch wird es, wenn Testamente Regelungslücken enthalten oder Begriffe wie „gleichzeitiger Tod“ mehrdeutig interpretiert werden können. Der vorliegende Beitrag beleuchtet typische Problemfelder wie Katastrophenklauseln und vergessene Erbeinsetzungen und zeigt praxisorientierte Ansätze zur Bewältigung dieser Herausforderungen auf. Zweck und Grundlagen der Testamentsauslegung Die Hauptaufgabe des Richters bei der Testamentsauslegung besteht darin, den wirklichen Willen des Erblassers zu ermitteln. Dies ist oft schwierig, da privatschriftliche Testamente selten präzise formuliert sind. Der Richter muss nicht nur den Wortlaut, sondern auch äußere Anhaltspunkte wie frühere Verfügungen, Aufzeichnungen des Erblassers oder Zeugenaussagen berücksichtigen. Diese Beweismittel sind jedoch häufig lückenhaft oder durch Interessenkonflikte der Zeugen beeinflusst. Ein weiteres Problem ergibt sich aus dem gesetzlichen „Typenzwang“ im Erbrecht: Der Wille des Erblassers muss sich innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Formen und Begriffe bewegen, um wirksam zu sein. Dies hat zur Folge, dass selbst ein richtig interpretierter Wille unter Umständen nicht umgesetzt werden kann, wenn er nicht formgerecht erklärt wurde. Katastrophenklauseln – Herausforderungen bei zeitnahem Tod Ein prominentes Beispiel für Auslegungsprobleme sind Katastrophenklauseln. Solche Klauseln sehen vor, dass sich Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und für den Fall des gleichzeitigen Versterbens einen Dritten als Erben bestimmen. Probleme entstehen, wenn die Ehegatten zeitlich versetzt versterben, etwa im Abstand von Minuten, Stunden oder Tagen. Hier stellt sich die Frage, ob der Begriff „gleichzeitig“ wörtlich zu verstehen ist oder ob der Erblasser eine weitergehende Auslegung gewollt hat, etwa im Sinne von „nahe beieinander liegend“ oder „infolge desselben Ereignisses verstorben“. Die Praxis zeigt, dass Richter häufig auf eine erweiternde Auslegung zurückgreifen, um Lücken zu schließen. Es wird jedoch vorgeschlagen, solche Regelungslücken durch eine ergänzende Testamentsauslegung zu schließen. „Diese geht über die reine Auslegung hinaus und ergänzt das Testament, um es mit dem mutmaßlichen Willen des Erblassers in Einklang zu bringen“ erklärt Rechtsanwalt Cocron. Vergessene Erbeinsetzungen – Komplexität der Nachlassregelung In vielen Fällen regeln Erblasser den ersten oder zweiten Erbfall nicht ausdrücklich. Beispielsweise setzen Ehegatten oft einen Schlusserben ein, vergessen aber, sich gegenseitig als Alleinerben zu bestimmen. Dies kann dazu führen, dass im ersten Erbfall eine gesetzliche Erbfolge eintritt, die den eigentlichen Zielen des Erblassers widerspricht, etwa wenn das Vermögen an eine Erbengemeinschaft fällt. In solchen Fällen zieht die Rechtsprechung eine konkludenteErbeinsetzung in Betracht, insbesondere wenn wesentliche Vermögenswerte wie Immobilien zugewendet wurden. Diese Methode bleibt jedoch umstritten, da der Wille des Erblassers nicht ausdrücklich formuliert ist und Raum für Interpretationen lässt. Zudem muss der Richter berücksichtigen, ob die Testierfreiheit des überlebenden Ehegatten durch diese Annahme eingeschränkt wird. Eine weitere Herausforderung ist die Auslegung von Pflichtteilsstrafklauseln, die vorsehen, dass ein Kind, das nach dem ersten Erbfall seinen Pflichtteil verlangt, auch im zweiten Erbfall nur den Pflichtteil erhält. Solche Klauseln werfen die Frage auf, ob sie eine stillschweigende Schlusserbeneinsetzung beinhalten oder nur den überlebenden Ehegatten schützen sollen. Methode und Grenzen der Auslegung Der Richter darf bei der Auslegung keine neuen Regelungen schaffen, die nicht zumindest andeutungsweise im Testament enthalten sind. Der mutmaßliche Wille des Erblassers darf also nicht völlig von den vorhandenen Formulierungen abweichen. Dennoch kann die ergänzende Testamentsauslegung sinnvoll sein, um planwidrige Lücken zu schließen, insbesondere bei komplexen Klauseln wie Katastrophen- oder Pflichtteilsstrafklauseln. Die Methode erfordert eine sorgfältige Abwägung zwischen dem Wortlaut des Testaments und den äußeren Umständen. Der Richter muss sich darüber im Klaren sein, dass jede Entscheidung von den Beteiligten angefochten werden kann und objektiv nachvollziehbar sein muss. Fazit – Eine schwierige Gratwanderung Die Auslegung von Testamenten bleibt eine komplexe und oft unvollkommene Aufgabe. Sie erfordert vom Richter eine genaue Kenntnis der erbrechtlichen Regelungen und ein methodisch sauberes Vorgehen. Gleichzeitig muss der mutmaßliche Wille des Erblassers respektiert werden, ohne die rechtlichen Grenzen der Auslegung zu überschreiten. „Zusammengefasst ist die Testamentsauslegung eine Gratwanderung zwischen dem Willen des Erblassers, den gesetzlichen Vorgaben und den praktischen Herausforderungen, die unklare oder unvollständige Verfügungen mit sich bringen. Klarheit und Nachvollziehbarkeit sind entscheidend für die Akzeptanz der getroffenen Entscheidungen“ so Rechtsanwalt Cocron.

Die Ordnung der Erben: Wer erbt wann und wie viel?

Jeder kann seine Erben selbst bestimmen. Stirbt jedoch jemand ohne Testament oder Erbvertrag, bestimmt das Gesetz die Erbfolge. Das ist in Deutschland häufig der Fall: Laut einer YouGov-Umfrage vom August 2022 haben rund 66 Prozent der Deutschen kein Testament. In rund zwei Dritteln aller Todesfälle regelt also die gesetzliche Erbfolge, wer das Vermögen erhält. Wir erklären, wie du herausfindest, wer in deiner Familie nach der gesetzlichen Erbfolge erbt. Wie funktioniert das Erbrecht?  Die Verteilung des Erbes richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad: Zuerst erben Kinder und Enkelkinder, dann entferntere Verwandte wie Geschwister oder Nichten und Neffen. Nähere Verwandte schließen entferntere Verwandte von der Erbfolge aus, d.h. wenn der Erblasser Kinder hat, erben die Geschwister nichts. Ehegatten und gesetzliche Erben Ehegatten erben immer neben Verwandten. Wie groß ihr Anteil ist, hängt davon ab, wer sonst noch zur Erbfolge gehört. So erbt der Ehegatte neben den Erben der ersten Ordnung ein Viertel des Nachlasses. Das gesetzliche Erbrecht teilt die Verwandten in verschiedene Gruppen ein:  1. erste Ordnung: Kinder und Enkelkinder  2. Ordnung: Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen  3. dritte Ordnung: Großeltern, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen.  Verwandte einer vorhergehenden Ordnung schließen Verwandte einer nachfolgenden Ordnung von der Erbfolge aus (§ 1930 BGB). Das bedeutet: Hat der Erblasser Kinder, so erben weder seine Eltern noch seine Geschwister als Erben der zweiten Ordnung, erklärt Rechtsanwalt István Cocron, von der Kanzlei Cocron. Hat der Erblasser hingegen keine Kinder, gibt es keine Erben der ersten Ordnung und die Eltern des Erblassers erben als gesetzliche Erben der zweiten Ordnung. Innerhalb einer Erbfolge gilt das sogenannte Repräsentationsprinzip. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Stirbt der Großvater, erben seine Kinder als Erben der ersten Ordnung und vertreten damit ihre eigenen Nachkommen, die Enkel, die direkt nichts erhalten. Solange ein Bruder oder eine Schwester noch lebt, erben Neffen und Nichten nicht. Umgekehrt treten Kinder an die Stelle eines verstorbenen Elternteils. Der Ehegatte erbt neben den Verwandten.  Neben den Verwandten erbt der überlebende Ehegatte des Erblassers. Dieses Ehegattenerbrecht schmälert das Erbrecht der Verwandten (§ 1931 BGB). Der Erbteil des Ehegatten beeinflusst maßgeblich die Erbquoten der übrigen Erben.  Der überlebende Ehegatte erhält neben Verwandten der ersten Ordnung ein Viertel und neben Verwandten der zweiten Ordnung oder Großeltern die Hälfte des Nachlasses. Häufig erhöht sich der Anteil des Ehegatten auf die Hälfte, wenn die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben (§§ 1931 Abs. 3, 1371 BGB), insbesondere wenn kein Ehevertrag besteht. Erben erster Ordnung Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers. Zum Zeitpunkt des Todes erbt das lebende Kind neben dem überlebenden Ehegatten. Sind mehrere Kinder vorhanden, wird das Erbe zwischen ihnen und dem Ehegatten aufgeteilt. Innerhalb dieser ersten Ordnung erfolgt die Teilung nach Stämmen, wobei jedes Kind mit seinen Abkömmlingen einen eigenen Stamm bildet. Versterben Kinder vor dem Erbfall, geht das Erbrecht auf ihre Kinder über. Nichteheliche Kinder, die nach dem 1. Juli 1949 geboren sind, haben die gleichen Erbrechte wie eheliche Kinder. Erben zweiter Ordnung Sind keine Erben der ersten Ordnung vorhanden, wie z.B. bei kinderlosen Erblassern, kommen die Erben der zweiten Ordnung zum Zug. Dies sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, also die Geschwister des Erblassers. Innerhalb der zweiten Ordnung gilt eine Aufteilung nach Linien: Eltern und deren Abkömmlinge erben zu gleichen Teilen. Lebt nur ein Elternteil, erben an dessen Stelle die Geschwister. Erben dritter Ordnung Entferntere Verwandte erben, wenn der Erblasser weder Abkömmlinge noch Verwandte der ersten oder zweiten Ordnung hinterlässt. Dazu gehören Großeltern und deren Nachkommen, wie Onkel und Tanten. Adoptierte Kinder Adoptierte minderjährige Kinder werden rechtlich wie leibliche Kinder behandelt und gehören zu den Erben erster Ordnung (§ 1754 BGB). Mit der Adoption erlischt das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern und damit auch deren Erbrecht. Volljährige Adoptierte behalten das Verwandtschaftsverhältnis zu ihren leiblichen Eltern und können bis zu vier Erbteile erhalten. Der Staat als Erbe Sind keine Erben vorhanden oder schlagen alle Erben die Erbschaft aus, erbt der Staat, und zwar das Bundesland, in dem der Verstorbene zuletzt gelebt hat. Der Staat haftet jedoch nur beschränkt für Nachlassverbindlichkeiten (§ 1936 BGB).

Die Pfändung eines Pflichtteilsanspruchs durch Gläubiger des Berechtigten

Wird jemand durch Testament oder Erbvertrag als gesetzlicher Erbe und naher Angehöriger von der Erbfolge ausgeschlossen, steht dieser Person in der Regel ein Pflichtteilsanspruch gegenüber den Erben zu. Der Anspruch beläuft sich wertmäßig auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und kann, je nach Vermögenswert des Nachlasses, einen erheblichen Betrag darstellen. Zugriff von Gläubigern auf den Pflichtteilsanspruch des Berechtigten Hat der Pflichtteilsberechtigte selbst Schulden, könnten seine Gläubiger auf den Pflichtteil zugreifen, da dieser im deutschen Zwangsvollstreckungsrecht als Vermögensbestandteil zählt. Gläubiger mit einem vollstreckbaren Titel können in das Vermögen des Schuldners, wie dessen Besitzgegenstände oder Forderungen, eingreifen dazu gehört auch der Pflichtteilsanspruch. Insofern ist dieser für Gläubiger ein attraktives Zwangsvollstreckungsobjekt. Voraussetzungen für die Pfändung des Pflichtteilsanspruchs Für die Pfändung des Pflichtteilsanspruchs gelten jedoch besondere Regelungen. Der Pflichtteilsanspruch ist erst dann pfändbar, wenn er entweder durch Vertrag – auch mündlich – anerkannt oder rechtshängig geworden ist. Dies bedeutet, dass Gläubiger erst auf den Pflichtteilsanspruch zugreifen können, wenn der Erbe diesen gegenüber dem Berechtigten ausdrücklich anerkannt hat oder der Pflichtteilsberechtigte den Anspruch gerichtlich geltend macht, etwa durch Mahnbescheid oder Klageeinreichung. Fehlen diese Voraussetzungen, ist eine Zwangsvollstreckung zur Verwertung des Pflichtteilsanspruchs nicht zulässig. Die Vorschrift verhindert jedoch nicht die Pfändung an sich, sondern beschränkt lediglich deren Verwertung. „Diese Regelung gilt ebenso für den Pflichtteilsergänzungsanspruch, der aus Schenkungen des Erblassers resultiert“ erklärt Rechtsanwalt István Cocron. Entscheidungsfreiheit des Pflichtteilsberechtigten Der Gesetzgeber will mit dieser Einschränkung sicherstellen, dass der Pflichtteilsberechtigte selbst entscheiden kann, ob er seinen Anspruch gegenüber den Erben geltend macht oder nicht. Ein Gläubiger soll hier keine Entscheidung anstelle des Berechtigten treffen können, um dessen Stellung innerhalb der Familie nicht zu gefährden. Sobald der Anspruch jedoch gerichtlich geltend gemacht oder durch den Erben anerkannt wurde, können Gläubiger diesen Anspruch zur Einziehung auf sich übertragen lassen.

Digitales Erbe regeln: Wie Angehörige die digitale Hinterlassenschaft verwalten und schützen können 

Der digitale Nachlass bleibt nach wie vor oft unzureichend geregelt. Während die Anmeldung auf einer Plattform in der Regel einfach ist, gestaltet sich das Löschen der Konten im Todesfall häufig deutlich komplizierter. Viel zu oft bleiben Mitgliedschaften, Abonnements oder Online-Accounts eines Verstorbenen aktiv, und Gebühren, Beiträge oder Lizenzkosten fallen weiterhin an – Kosten, für die letztlich die Angehörigen haften könnten.  In manchen Fällen liegen sogar Vermögenswerte oder Guthaben auf Online-Konten, von denen die Erben nichts wissen. Der digitale Nachlass umfasst alle digitalen Inhalte und Daten, die eine Person hinterlässt. Dazu zählen E-Mails, Social-Media-Profile, Bank- und Shopping-Accounts sowie digitale Besitztümer wie E-Books, Musikdateien, Kryptowährungen oder NFTs.  Bestattungsdienste bieten hier häufig Unterstützung an, indem sie Angehörige in der Verwaltung des digitalen Nachlasses beraten und begleiten. „Neben der finanziellen Belastung, die durch Abonnements oder Mitgliedschaften entstehen kann, gibt es oft auch emotional wertvolle Inhalte in Social-Media-Konten, die besonderen Schutz und eine behutsame Handhabung benötigen“ so Rechtsanwalt István Cocron. Abhängig von den Wünschen des Verstorbenen sowie gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben erhalten Hinterbliebene oder Erbberechtigte Zugang zu den digitalen Konten. Die Kosten für eine erste Nachlass-Ermittlung liegen bei etwa 100 Euro, während zusätzliche Gebühren je nach Aufwand anfallen können. Sowohl laufende Kosten als auch mögliche Einnahmen der digitalen Konten gehören zum Erbe.  Die Abwicklung des digitalen Nachlasses erfolgt durch die Identifizierung aller digitalen Daten, Konten und Online-Vermögenswerte einer Person. Dieser Prozess startet mit dem Nachweis des Todes, in der Regel durch Vorlage einer Sterbeurkunde. Oftmals sind dafür spezialisierte Dienstleister zuständig. Im Anschluss folgt die Bestandsaufnahme aller digitalen Vermögenswerte. Hier werden sämtliche Konten und online gespeicherte Daten des Verstorbenen ausfindig gemacht. Dazu werden unterschiedliche Techniken angewendet, wie Befragungen von Angehörigen, Durchsicht persönlicher Dokumente sowie automatisierte Suchverfahren.   „Sobald die digitalen Güter ermittelt sind, müssen diese gesichert werden. Dies kann bedeuten, Passwörter zu ändern oder Daten auf geschützte Speichermedien zu übertragen, um unautorisierten Zugriff zu verhindern und gleichzeitig den Erben Zugang zu ermöglichen. Schließlich müssen rechtliche Aspekte zur Vererbung digitaler Daten und geltende Datenschutzgesetze berücksichtigt werden“ erklärt Rechtsanwalt István Cocron.  Im letzten Schritt wird der digitale Nachlass an die Erben übergeben, die entscheiden, ob und wie Verträge gekündigt, Daten gelöscht oder fortgeführt werden sollen, gemäß den Wünschen des Verstorbenen. 

Ein Urteil des OLG Düsseldorf: Freiheit der Verfügungen im Berliner Testament nur zu Lebzeiten

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat in seinem Beschluss vom 20. April 2018 klargestellt, dass die Formulierung „Der Überlebende von uns wird durch dieses Testament weder beschwert noch beschränkt und kann in jeder Weise frei verfügen“ ausschließlich auf Rechtsgeschäfte zu Lebzeiten bezogen ist. Diese Entscheidung wurde von der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV) in gekürzter Form veröffentlicht. Der Fall Ein Ehepaar hatte ein Berliner Testament aufgesetzt, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben bestimmten und ihren gemeinsamen Sohn als Schlusserben einsetzten. Dabei bedienten sie sich der Formulierung: „Der Überlebende von uns wird durch dieses Testament weder beschwert noch beschränkt und kann in jeder Weise frei verfügen.“ Nach dem Tod des Ehemanns errichtete die Ehefrau jedoch ein neues Testament, in dem sie ihren Sohn enterbte und stattdessen eine andere Person als Alleinerbin einsetzte. Der Sohn legte dagegen Einspruch ein und pochte auf die Bindungswirkung des Berliner Testaments. Die Entscheidung Gemäß § 2271 Abs. 2 BGB wird bei einem Berliner Testament die Schlusserbeneinsetzung nach dem Tod des erstverstorbenen Ehegatten bindend und kann nicht mehr widerrufen werden. Das OLG Düsseldorf musste klären, ob die verwendete Formulierung der Ehefrau das Recht einräumte, die Schlusserbeneinsetzung des Sohnes aufzuheben und ein neues Testament zu verfassen. Das Gericht entschied, dass die Formulierung dem überlebenden Ehegatten lediglich die Freiheit geben sollte, zu Lebzeiten ohne Beschränkungen über das Vermögen zu verfügen, um dessen Lebensunterhalt sicherzustellen. Sie diente jedoch nicht dazu, die Erbfolge zu ändern oder einen neuen Schlusserben zu benennen. Das OLG stützte sich dabei auf den Gedanken, dass die Eheleute vermutlich davon ausgingen, der enterbte Sohn würde nach dem Tod des zweiten Ehegatten das gesamte gemeinsame Vermögen erhalten. Hinweise darauf, dass die Eheleute eine andere Absicht hatten, gab es nicht. Daher wurde der Einspruch des Sohnes anerkannt. Expertenrat Rechtsanwalt István Cocron betont die Wichtigkeit einer professionellen Beratung: „Juristische Laien verwenden häufig Formulierungen, die – wie in diesem Fall – unterschiedlich ausgelegt werden können. Gerichte müssen dann die Auslegung vornehmen, was oft zu Ergebnissen führt, die nicht im Sinne der Erblasser sind. Eine rechtliche Beratung durch einen Experten für Erbrecht hätte hier Klarheit geschaffen. So hätte eindeutig geregelt werden können, ob der überlebende Ehegatte das Testament noch einmal ändern darf oder nicht.“

Einsam im Alter: Was Senioren ohne Erben beachten sollten

Viele Senioren beschäftigen sich im Alter intensiv mit der Frage, was mit ihrem Vermögen nach ihrem Tod geschehen soll. Doch nicht immer gibt es nahe Verwandte, die als Erben infrage kommen. Ein Fachanwalt erläutert, welche rechtlichen Möglichkeiten in solchen Fällen bestehen.   Herausforderungen für Senioren ohne Erben   Ältere Menschen leben häufig ohne Partner, Kinder oder nahe Angehörige. „Das hat große Auswirkungen auf die Frage, wer sie im Alter vor einer gesetzlichen Betreuung schützt und wer im Rahmen einer Vorsorgevollmacht Entscheidungen trifft“, erklärt Prof. Wolfgang Böh, Fachanwalt für Erb- und Steuerrecht. Auch bei der Regelung des Nachlasses spielen diese Überlegungen eine zentrale Rolle. „Ohne klare Regelungen kann es passieren, dass der Staat erbt – was meist nicht gewollt ist“, so Böh. Hier sind einige der gängigen Optionen:   Option 1: Gründung einer Stiftung Bei einem Vermögen im sechsstelligen Bereich ist es möglich, eine Stiftung zu gründen, die den eigenen Namen trägt. „Viele glauben fälschlicherweise, dass hierfür ein wesentlich höheres Vermögen nötig ist, doch das stimmt nicht“, so Böh. „Stiftungen können mit geringem administrativem Aufwandeingerichtet werden. Sie ermöglichen es, einen gemeinnützigen Zweck zu fördern und den eigenen Namen über den Tod hinaus zu erhalten“ erläutert Rechtsanwalt IstvánCocron. Option 2: Entfernte Verwandte als Erben benennen Falls entfernte Verwandte existieren, beispielsweise Angehörige des verstorbenen Partners, kann ein Testament helfen, Streit oder Unsicherheiten zu vermeiden. „Im Testament sollte klar geregelt werden, wer erben soll, um langwierige Ermittlungen des Nachlassgerichts zu verhindern“, rät Böh. Zudem sei eine Ersatzerbenregelung sinnvoll, falls der eingesetzte Erbe vorverstorben ist. Dies verhindert, dass ein Nachlasspfleger bestellt werden muss, was zusätzliche Kosten verursacht.   Option 3: Gemeinnützige Organisationen bedenken Für Senioren, die keine familiären Erben haben oder den Kontakt zur Verwandtschaft vermeiden möchten, bietet sich die Möglichkeit, eine gemeinnützige Organisation als Erben einzusetzen. „Neben moralischen Überlegungen können hier auch erbschaftssteuerliche Vorteile eine Rolle spielen, da Organisationen oft von der Erbschaftssteuer befreit sind“, erklärt Böh. Wichtig sei es jedoch, genau zu prüfen, wie das Erbe verwendet wird und ob die Organisation ihre Zwecke klar definiert hat. Auch könne es sinnvoll sein, mehrere Organisationen zu bedenken und einen neutralen Testamentsvollstrecker einzusetzen, um die zweckgemäße Verwendung sicherzustellen.   Streit und Unklarheiten vermeiden   Unabhängig von der gewählten Option empfiehlt Rechtsanwalt Cocron, frühzeitig klare Regelungen zu treffen. „Eine lebzeitige, schriftliche Verfügung schafft Sicherheit und kann Streitigkeiten vermeiden.“ Eine erbrechtliche Beratung durch Fachanwälte hilft dabei, individuelle Lösungen zu finden und rechtliche Fallstricke zu umgehen.   Senioren ohne Erben haben verschiedene Möglichkeiten, ihre Wünsche und Werte auch über ihren Tod hinaus zu verwirklichen – sei es durch eine Stiftung, die Einsetzung entfernter Verwandter oder die Unterstützung gemeinnütziger Projekte.

Erbe ausschlagen: Wann es sinnvoll ist und was dabei zu beachten ist

Ein Erbe kann mit einem Vermögenszuwachs einhergehen, ist jedoch oft auch mit Verpflichtungen verbunden, etwa der Übernahme von Schulden des Verstorbenen. Besonders ungünstig wird es, wenn das Erbe hauptsächlich aus Verbindlichkeiten besteht. Durch eine Erbausschlagung vermeiden Sie diese Schuldenlast, verzichten allerdings auch auf positive Vermögenswerte, den Pflichtteil und persönliche Erinnerungsstücke wie Fotos oder Briefe – es gilt das Prinzip „alles oder nichts“. Vor einer endgültigen Entscheidung können Sie sich zunächst einen Überblick über das Vermögen und die Schulden des Erblassers verschaffen. Wenn Sie sich gegen das Erbe entscheiden, behandelt das Gesetz Sie dann wie eine verstorbene Person. In diesem Fall treten die im Testament eingesetzten Ersatzerben oder die nächsten gesetzlichen Erben an Ihre Stelle – oft Ihre Kinder. Sollte es sich dabei um minderjährige Erben handeln, müssen beide Elternteile für diese ebenfalls aktiv das Erbe ausschlagen. Innerhalb einer Erbengemeinschaft kann jeder Erbe individuell entscheiden. Teilen Sie Verwandten sicherheitshalber mit, wenn das Erbe überschuldet ist. Sollten alle gesetzlichen Erben das Erbe ausschlagen, geht es an den Staat über, wobei das jeweilige Bundesland das Vermögen und auch die Schulden übernimmt. „Sind Sie unsicher, ob Sie das Erbe antreten möchten, dann kennzeichnen Sie alle Ihre Handlungen als „vorläufiger Erbe“ z. B. bei der Entgegennahme von Mietzahlungen für eine Wohnung im Nachlass, um sich Entscheidungsfreiheit zu wahren“ rät Rechtsanwalt István Cocron. Wann ist es sinnvoll, ein Erbe auszuschlagen? Nicht nur Schulden können eine Erbausschlagung ratsam machen. Auch in anderen besonderen Fällen ist es sinnvoll, genau abzuwägen, ob Sie das Erbe antreten möchten.  Erbausschlagung als Ehepartner Für Ehepartner, die in einer Zugewinngemeinschaft gelebt haben, gelten besondere Regelungen, wenn es darum geht, ein Erbe auszuschlagen. Sie haben die Möglichkeit, das Erbe abzulehnen und trotzdem den Pflichtteil zu beanspruchen. Hat der verstorbene Ehepartner einen hohen Zugewinn erwirtschaftet, kann es für den überlebenden Partner finanziell günstiger sein, auf das Erbe zu verzichten und stattdessen den Zugewinnausgleich sowie den Pflichtteil am verbleibenden Nachlass anzufordern. Steuern sparen durch Erbausschlagung Ein Erblasser ohne Kinder vererbt sein Vermögen seinem Bruder, der selbst bereits im hohen Alter ist und keine wirtschaftliche Notwendigkeit für die Erbschaft hat. Um doppelte Erbschaftssteuer zu vermeiden, sollte der Bruder das Erbe ablehnen. So können seine Kinder direkt erben und die Steuer fällt nur einmal an, während sonst zweimal Steuern fällig wären: einmal bei seinem Erbgang und erneut, wenn er stirbt und seine Kinder erben. Erbausschlagung bei Schulden des Erben Ein Alleinerbe eines Vermögens von 150.000 Euro hat selbst hohe Schulden und mehrere Kinder. Für ihn könnte es sinnvoller sein, das Erbe auszuschlagen. Würde er es annehmen, käme das Vermögen vor allem seinen Gläubigern zugute und die Kinder gingen leer aus. Durch die Ausschlagung kann der Nachlass direkt an die Kinder übergehen und die Schulden des Erben beeinflussen das Erbe nicht. Pflichtteilsanspruch statt Erbschaft Ein Erblasser setzt ein Kind mit einem geringen Erbanteil ein und verlangt zusätzlich jährliche Spenden an einen Verein. Wenn das Kind diesen Bedingungen nicht nachkommen möchte, kann es das Erbe ausschlagen und den Pflichtteilsanspruch geltend machen, um den Nachlass ohne zusätzliche Auflagen zu erhalten.  So schlagen Sie ein Erbe aus – Wenn Sie als möglicher Erbe infrage kommen, verschaffen Sie sich möglichst schnell einen Überblick über die Vermögens- und Schuldenlage des Verstorbenen. Prüfen Sie wichtige Dokumente und klären Sie den Kontostand bei Banken. – Beantragen Sie anfangs keinen Erbschein, da dies automatisch als Annahme des Erbes gewertet wird! – Sie haben sechs Wochen Zeit, um zu entscheiden, ob Sie das Erbe antreten oder ablehnen, nachdem Sie über das Erbe informiert wurden. Falls der Verstorbene seinen Wohnsitz im Ausland hatte oder Sie sich bei Beginn der Frist selbst im Ausland befinden, verlängert sich die Frist auf sechs Monate. Beachten Sie die Frist, da Sie ansonsten das Erbe einschließlich aller Verpflichtungen antreten. – Möchten Sie das Erbe ausschlagen, wenden Sie sich an das Nachlassgericht in Ihrem Wohnort oder am letzten Wohnort des Verstorbenen und geben dort Ihre Erklärung ab. Notwendig ist Ihr Personalausweis. – Alternativ können Sie auch bei einem Notar eine Erklärung abgeben, dass Sie das Erbe ablehnen. Der Notar leitet diese Erklärung beglaubigt an das Nachlassgericht weiter. – Die Kosten für die Ausschlagung des Erbes richten sich nach dessen Wert. Bei einem Schuldenfall beträgt die Mindestgebühr beim Nachlassgericht 30 Euro.  Erbschaft im Ausland: Welches Recht ist maßgebend? Eine Erbausschlagung wird besonders kompliziert, wenn Erblasser und Erben in verschiedenen Ländern ansässig sind – beispielsweise, wenn jemand aus beruflichen Gründen ins Ausland gezogen ist oder der Verstorbene seinen Ruhestand im Ausland verbracht hat. Nach wie vor werden Erben dabei nicht in allen Fällen nach deutschem Erbrecht behandelt. Mit der europäischen Erbrechtsverordnung, die seit August 2015 in fast allen EU-Ländern außer Dänemark, Irland und Großbritannien gilt, wird die Handhabung grenzüberschreitender Erbfälle nun vereinfacht. Dabei kommt das Erbrecht des Landes zur Anwendung, in dem der Verstorbene seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte – eine Bestimmung, die nicht immer eindeutig ist. Entscheidend ist, wie stark die Verbindung des Verstorbenen zu seinem letzten Wohnsitzland war. Je enger diese Beziehung, desto eher kommt das Erbrecht des Landes zur Anwendung, was möglicherweise bedeutet, dass ein deutsches Testament in einem anderen Land nicht anerkannt wird. Um dieses Risiko zu vermeiden, kann der Erblasser zu Lebzeiten durch einen Erbvertrag oder ein Testament festlegen, welches Erbrecht gelten soll – sofern er nicht die Staatsangehörigkeit des Landes hat, in dem er schließlich verstirbt. Für Deutsche, die beispielsweise in Frankreich leben und die französische Staatsangehörigkeit annehmen, besteht keine Möglichkeit mehr, deutsches Erbrecht anzuwenden. Entsprechend können ihre Erben die Erbschaft nicht einfach nach deutschem Recht ausschlagen. Trotz der vereinfachten Regelungen bergen grenzüberschreitende Erbfälle weiterhin Herausforderungen und Risiken. Eine rechtzeitige Information über geltende Erbrechte und eventuelle Vorsorgemaßnahmen ist daher unerlässlich, wenn Erben die Nachlassregelung ablehnen möchten. Erbverzicht und Bestattungskosten: Wer trägt die Last? Allgemein gilt, dass die Erben die Kosten der Bestattung tragen. Sollten jedoch alle Erben das Erbe ausgeschlagen haben, übernehmen die unterhaltspflichtigen Hinterbliebenen die Verantwortung. Dies sind entweder der verbliebene Ehepartner oder – bei minderjährigen Erblassern – die Eltern, oder erwachsene Kinder im Fall der Bestattungskosten für ihre Eltern. Fehlen ausreichende Mittel, springt möglicherweise die Sozialhilfe für die

Erben oder genießen? Wie die Deutschen ihre Nachlassplanung neu denken

Die Bereitschaft der Deutschen, ihren Nachkommen ein Erbe zu hinterlassen, hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Heute möchten nur noch 35 Prozent der Befragten sicherstellen, dass sie etwas vererben können – ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu 2017, als fast die Hälfte der Deutschen (49 Prozent) diesen Wunsch äußerte. Stattdessen gibt es eine Verschiebung der Prioritäten: 28 Prozent möchten ihren Ruhestand bewusst genießen, während 62 Prozent angeben, „ganz normal“ zu leben, ohne auf ein großes Erbe hinzusparen. Nur eine kleine Gruppe von sieben Prozent ist bereit, finanzielle Einschränkungen hinzunehmen, um möglichst viel für die nächste Generation zurückzulegen. Ein weiterer Faktor, der Erbschaften in Deutschland beeinflusst, ist die Erbschaftsteuer. Rund zwei Drittel der Befragten empfinden diese Steuer als ungerecht – ein Wert, der insbesondere bei Frauen mit nur 23 Prozent Zustimmung zur Gerechtigkeit der Steuer auffällig niedrig ist. Männer hingegen sehen die Erbschaftsteuer mit einer Zustimmungsrate von 35 Prozent etwas positiver. Obwohl die Erbschaftsteuer für viele eine Belastung darstellt, zeigt sich in der Praxis, dass die Freibeträge für die meisten Erben ausreichen. Drei Viertel derjenigen, die bereits geerbt haben, mussten keine Erbschaftsteuer entrichten. Lediglich 18 Prozent der Befragten gaben an, dass sie in diesem Zusammenhang steuerlich belastet wurden. Die hohen Freibeträge und die Anpassung an die Vermögensverhältnisse der Erblasser tragen dazu bei, dass nur ein kleiner Teil der Erbschaften tatsächlich besteuert wird. Diese Entwicklungen werfen ein neues Licht auf die Prioritäten der Deutschen im Umgang mit ihrem Vermögen und ihrer Nachlassplanung. Die veränderten Einstellungen könnten langfristig auch die gesellschaftliche Diskussion um Erbschaft, Generationenverträge und finanzielle Absicherung im Alter beeinflussen.

Die gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn kein Testament vorhanden ist?

Die gesetzliche Erbfolge ist ein Thema, das viele Menschen erst dann beschäftigt, wenn sie selbst oder ein Angehöriger verstirbt. Doch wer erbt eigentlich, wenn kein Testament vorhanden ist? Die gesetzliche Erbfolge spielt aber auch eine Rolle, um die Höhe eines Pflichtteilsanspruchs zu ermitteln. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt dies in einem klaren Ordnungssystem, das die Verwandten des Erblassers in verschiedene Ordnungen einteilt. In diesem Blogbeitrag geben wir einen Überblick, wer in welcher Reihenfolge erbt und welches Erbrecht der Ehegatte neben den Verwandten hat. Erben der ersten Ordnung: Die direkten Nachkommen Erben der ersten Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers, also seine Kinder, Enkel und Urenkel (§ 1924 Abs. 1 BGB). Ein lebender Abkömmling schließt die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge von der Erbfolge aus (§ 1924 Abs. 2 BGB). Das bedeutet: Wenn der Erblasser zwei Kinder hat, erben diese zu gleichen Teilen. Sind eines oder beide Kinder bereits verstorben, treten deren Kinder (also die Enkel des Erblassers) an ihre Stelle. Erben der zweiten Ordnung: Eltern und Geschwister Erben der zweiten Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, also die Geschwister des Erblassers und deren Nachkommen (§ 1925 Abs. 1 BGB). Leben die Eltern des Erblassers zur Zeit des Erbfalls, erben sie allein (§ 1925 Abs. 2 BGB). Sind die Eltern bereits verstorben, treten deren Abkömmlinge – also die Geschwister des Erblassers – an ihre Stelle (§ 1925 Abs. 3 BGB). Erben der dritten Ordnung: Großeltern und deren Nachkommen Erben der dritten Ordnung sind die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (§ 1926 Abs. 1 BGB). Leben die Großeltern zur Zeit des Erbfalls, erben sie allein (§ 1926 Abs. 2 BGB). Sind die Großeltern verstorben, treten deren Abkömmlinge – also Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen – an ihre Stelle (§ 1926 Abs. 3 BGB). Erben der vierten Ordnung: Urgroßeltern und deren Nachkommen Erben der vierten Ordnung sind die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (§ 1928 Abs. 1 BGB). Leben zur Zeit des Erbfalls Urgroßeltern, erben sie allein; mehrere erben zu gleichen Teilen (§ 1928 Abs. 2 BGB). Sind die Urgroßeltern verstorben, erbt von ihren Abkömmlingen derjenige, der mit dem Erblasser dem Grade nach am nächsten verwandt ist (§ 1928 Abs. 3 BGB). Das Erbrecht des Ehegatten Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten ist in § 1931 BGB geregelt. Der überlebende Ehegatte erbt neben Verwandten der ersten Ordnung grundsätzlich ein Viertel der Erbschaft (§ 1931 Abs. 1 BGB). Neben Verwandten der zweiten Ordnung oder Großeltern erbt der Ehegatte die Hälfte der Erbschaft (§ 1931 Abs. 1 BGB). Sind weder Verwandte der ersten oder zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden, erbt der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft (§ 1931 Abs. 2 BGB). Das Erbrecht des Ehegatten ist zudem mit dem Güterstand verknüpft. Im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft erhöht sich der Erbteil des Ehegatten um ein weiteres Viertel (§ 1931 Abs. 3 BGB i.V.m. § 1371 Abs. 1 BGB). Fazit Die gesetzliche Erbfolge ist ein komplexes Thema, das viele Fragen aufwirft. Rechtsanwalt Friedrich Albrecht Lösener drückt es bildlich aus:  „Die gesetzliche Erbfolge ist wie ein Puzzle – jedes Teil muss an der richtigen Stelle liegen, damit das Gesamtbild stimmt.“  Rechtsanwalt Friedrich Albrecht Lösener Es ist daher ratsam, sich frühzeitig mit dem Thema auseinanderzusetzen und gegebenenfalls ein Testament zu verfassen, um unerwünschte Erbverteilungen zu vermeiden. Falls Sie Fragen zur gesetzlichen Erbfolge haben oder Unterstützung bei der Erstellung eines Testaments benötigen, stehen Ihnen unsere Kooperationsanwälte zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns, damit wir prüfen können, ob wir die Kosten für Ihren Fall übernehmen können.

Erben und Vererben: Wege aus der Steuerfalle

Die kontinuierlich steigenden Immobilienpreise treiben nicht nur die Kosten für Käufer in die Höhe, sondern belasten auch Erben zunehmend mit hohen Steuerforderungen. Insbesondere in Großstädten wie München, wo die Immobilienpreise in den letzten Jahren nahezu explodiert sind, geraten Erben oft in finanzielle Schwierigkeiten. Die hohen Werte von geerbten Immobilien führen dazu, dass die Nachkommen plötzlich erhebliche Beträge an das Finanzamt überweisen müssen. Ein Beispiel hierfür ist Wolfgang D., der 2017 von seinen Eltern ein Mehrfamilienhaus in München erbte. Was einst für rund eine Million D-Mark erworben wurde, hat heute einen Marktwert von mehreren Millionen Euro. Die enormen Werte des Hauses brachten Wolfgang jedoch an seine finanziellen Grenzen. „Ohne die Unterstützung eines Steuerberaters hätte ich das nicht bewältigen können“, erzählt er rückblickend. Neben der Verantwortung für die Immobilie sah er sich plötzlich mit einer hohen Steuerlast konfrontiert. Die Erbschaftssteuer stellt für viele Familien eine große Herausforderung dar. Die gesetzlichen Freibeträge sind oft nicht ausreichend, um den tatsächlichen Wert einer Immobilie in teuren Regionen abzudecken. Der Freibetrag für Kinder liegt bei 400.000 Euro, während Ehegatten bis zu 500.000 Euro steuerfrei erben können. Für darüber hinausgehende Werte verlangt der Fiskus jedoch bis zu 30 Prozent Steuern. Wie können Erben steuerliche Hürden umgehen? Um die finanzielle Belastung zu reduzieren, gibt es einige Strategien, die Erben in Betracht ziehen können. Die frühzeitige Übertragung von Vermögen durch Schenkungen zu Lebzeiten ist eine der effektivsten Methoden. Außerdem bieten Stiftungen eine attraktive Möglichkeit, um größere Vermögen langfristig zu schützen und gleichzeitig steuerliche Vorteile zu nutzen. Experten raten dringend, frühzeitig einen Steuerberater oder Fachanwalt hinzuzuziehen. Sie können maßgeschneiderte Lösungen entwickeln, um die Steuerlast zu senken. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, eine Immobilie vorab zu verkaufen und den Erlös aufzuteilen. Alternativ können auch Teilübertragungen an die Erben in Betracht gezogen werden, um die Belastung über mehrere Jahre zu verteilen. Ein besonders effektiver Ansatz ist die Nutzung der Zehn-Jahres-Regelung. Innerhalb dieses Zeitraums können Vermögenswerte bis zur Höhe der jeweiligen Freibeträge steuerfrei übertragen werden. „Durch solche Schenkungen in regelmäßigen Abständen lässt sich die Steuerlast erheblich mindern“, erklärt Rechtsanwalt Cocron. Spartipps für den Erbfall Damit eine geerbte Immobilie nicht zwangsweise verkauft werden muss, ist eine rechtzeitige Planung entscheidend. Rechtsanwalt Cocron rät, Schenkungen in Etappen vorzunehmen und frühzeitig ein Testament zu erstellen. „Dieses sollte regelmäßig aktualisiert werden, um sicherzustellen, dass es den aktuellen Lebensumständen und Wünschen entspricht“. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Nutzung des Eigenheims durch die Erben selbst. Wer eine geerbte Immobilie für mindestens zehn Jahre selbst bewohnt, kann in der Regel von erheblichen Steuervergünstigungen profitieren. Dadurch bleibt nicht nur der Familienbesitz erhalten, sondern die finanzielle Belastung wird zugleich spürbar gesenkt. „Durch eine kluge Planung und frühzeitige Maßnahmen können Erben Steuerfallen umgehen und den Familienbesitz bewahren. Das Thema Erbschaft sollte nicht aufgeschoben werden – wer sich frühzeitig damit auseinandersetzt, hat die besten Chancen, unnötige Kosten zu vermeiden.“ so Rechtsanwalt Cocron weiter

Erbfall melden: Steuerliche Pflichten und Vorteile für Erben im Überblick

Meldungs- und Erklärungspflichten  Jeder, der etwas aus einem Nachlass erwirbt – seien es Erben, Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigte – ist dazu verpflichtet, das Finanzamt innerhalb von drei Monaten nach Bekanntwerden des Erbfalls zu benachrichtigen. Diese Anzeigepflicht gilt auch für Vermögenswerte im Ausland. „Eine Erbschaftsteuererklärung ist zunächst nicht zwingend erforderlich, kann jedoch ratsam sein, wenn steuerlich relevante Umstände dies sinnvoll erscheinen lassen“ so Rechtsanwalt István Cocron.  Zusätzlich zu den Pflichten im Erbschaftsteuerrecht treffen den Erben auch Einkommenssteuer-Pflichten. Als Gesamtrechtsnachfolger wird er steuerrechtlich in die Verpflichtungen des Verstorbenen eingesetzt und ist verantwortlich für ausstehende Einkommensteuererklärungen und mögliche Steuerschulden. Wenn dem Erben Unstimmigkeiten oder Fehlangaben in früheren Steuererklärungen des Verstorbenen bekannt werden, muss er diese unverzüglich richtigstellen.  Risiken bei Missachtung  Wird die Anzeige beim Finanzamt versäumt, kann dies als leichtfertige Steuerverkürzung oder sogar Steuerhinterziehung gewertet werden. Ausnahmen bestehen, wenn Dritte wie Gerichte, Notare oder Behörden bereits ihren eigenen Meldepflichten nachgekommen sind. Auch die Nichterfüllung von Einkommensteuererklärungen kann zu steuerrechtlichen Konsequenzen führen, insbesondere wenn unversteuertes Vermögen im Ausland oder bisher nicht gemeldete Einkünfte betroffen sind. In bestimmten Fällen kann der Erbe über eine strafbefreiende Selbstanzeige steuerliche und strafrechtliche Konsequenzen vermeiden.  Vorteile der zügigen Meldung  Die rechtzeitige Anzeige des Erwerbs beim Finanzamt bringt einige Vorteile: Zum einen kann der Erbe dadurch potenzielle Zinslasten vermeiden, die bei verspäteter Meldung entstehen können. Außerdem ermöglicht es die flexible Handhabung von unversteuertem Vermögen, etwa bei geplanten Überweisungen oder Schenkungen an Verwandte. Auch Verbindlichkeiten oder Vermächtnisse des Erblassers können geltend gemacht werden, und Werbungskosten in der letzten Einkommensteuererklärung des Verstorbenen können die Steuerlast verringern. Der Erbe profitiert zudem von eventuellen Steuererstattungen und kann Beratungskosten steuerlich absetzen. 

Gemeinschaftliches Testament: Änderungen, Widerruf und rechtliche Grundlagen

Ehegatten entscheiden sich häufig für ein gemeinschaftliches Testament, in dem meist der überlebende Ehegatte als Alleinerbe im ersten Erbfall bestimmt wird. Dies dient oft dazu, den Nachlass nach dem Tod eines Ehegatten vor Ansprüchen entfernter Verwandter zu schützen. Solche Testamente werden in der Regel handschriftlich von einem Ehegatten verfasst und von beiden unterschrieben. Darüber hinaus werden häufig Schlusserben festgelegt, die nach dem Tod des zweiten Ehegatten erben sollen. Ein gemeinschaftliches Testament entfaltet eine ähnliche Bindungswirkung wie ein notarieller Erbvertrag. Doch was geschieht, wenn ein Ehegatte nachträglich Änderungen wünscht? Ist eine Änderung auch ohne die Zustimmung des anderen Ehegatten möglich? Einseitige und wechselbezügliche Verfügungen Das Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet zwischen einseitigen und wechselbezüglichen Verfügungen im gemeinschaftlichen Testament. Einseitige Verfügungen können von jedem Ehegatten problemlos geändert werden. Wechselbezügliche Verfügungen hingegen sind rechtlich miteinander verknüpft: Sie gelten nur dann, wenn davon auszugehen ist, dass der eine Ehegatte seine Verfügung nur aufgrund der entsprechenden Verfügung des anderen getroffen hat. Solche Verfügungen können nachträglich nur gemeinsam geändert oder widerrufen werden. Wie erkennt man eine wechselbezügliche Verfügung? Es ist nicht entscheidend, ob im Testament ausdrücklich steht, dass Verfügungen „wechselbezüglich“ sind. Wichtig ist vielmehr, ob eine gegenseitige Abhängigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung bestand. Gerichte prüfen dabei, ob eine Verfügung auch ohne die des anderen Ehegatten getroffen worden wäre. „Liegt keine Wechselbezüglichkeit vor, kann jeder Ehegatte ein neues Testament errichten, das das ältere gemeinschaftliche Testament aufhebt. Ist die Wechselbezüglichkeit gegeben, können Änderungen nur gemeinsam erfolgen“ erklärt Rechtsanwalt István Cocron. Widerruf statt Änderung Kann ein Ehegatte keine Änderung mehr vornehmen, etwa wegen einer Erkrankung oder mangelnder Zustimmung, bleibt nur die Möglichkeit des Widerrufs. Dieser muss notariell beurkundet werden und wird wirksam, sobald der andere Ehegatte Kenntnis davon erhält. Der Widerruf führt jedoch dazu, dass auch die mit der widerrufenen Verfügung verknüpfte Verfügung des anderen Ehegatten ungültig wird. Dies kann problematisch sein, wenn lediglich die Schlusserben ausgetauscht werden sollen. In solchen Fällen ist eine sorgfältige Abwägung notwendig. Einzelne Verfügungen im Testament Wechselbezüglichkeit betrifft nicht das Testament als Ganzes, sondern immer einzelne Verfügungen wie Erbeinsetzungen, Vermächtnisse oder Auflagen. Jede Verfügung wird gesondert geprüft, ob sie unabhängig geändert werden kann oder ob die Mitwirkung des anderen Ehegatten erforderlich ist. Damit bleibt Spielraum für Anpassungen, wenn bestimmte Teile des Testaments keine Bindungswirkung haben. Änderungen nach dem Tod eines Ehegatten Nach dem Tod eines Ehegatten kann eine wechselbezügliche Verfügung nicht mehr widerrufen werden. Der länger lebende Ehegatte kann sich nur noch durch Ausschlagung des Nachlasses des verstorbenen Ehegatten von der Verfügung lösen. Dies muss jedoch innerhalb der gesetzlichen Frist und in vorgeschriebener Form geschehen. Danach ist eine neue Verfügung möglich. Fazit „Änderungen eines gemeinschaftlichen Testaments sind unter bestimmten Voraussetzungen auch einseitig möglich. Besonders bei langfristigen Testamentsregelungen ist es entscheidend, die möglichen Folgen frühzeitig zu berücksichtigen“ so Rechtsanwalt Cocron. Eine sorgfältige Planung und die Beratung durch einen erfahrenen Anwalt für Erbrecht können helfen, spätere rechtliche Konflikte oder unerwünschte Bindungen zu vermeiden.